Dienstag, 9. September 2008

Premierenvorgespräch zu Sandra Leupolds "Parsifal"-Inszenierung in Mainz

Angst vor Wagner hat Sandra Leupold nicht. Auch nicht vor dessen Bühnenweihfestspiel „Parsifal“, der letzten Oper, die der Bayreuther Meister vollendet hat. Angst hat sie aber vor Kompromissen, die unmöglich machen könnten, was sie sich vorgenommen hat. „Ich möchte Oper glaubhaft machen“, sagt sie. Und das meint sie angesichts der Dauer des massiven Werks auch ganz ernst. „Ich möchte nicht, dass diese fünfeinhalb Stunden zu einer Zumutung werden“, betont sie. Es gibt, das hat sie von Anfang an erkannt, „große Sachverhalte zu verhandeln“. Parsifal ist die Gestalt, auf die Gralskönig Amfortas und die Gralsgemeinschaft alles setzen müssen. Der verstoßene Ritter Klingsor hat den heiligen Speer geraubt und den König verletzt, der nun an einer unerträglich schmerzhaften Wunde leidet.

Doch nicht nur dieser physische Schmerz ist es, der hier behandelt wird. „Es ist das Elend des Menschseins und die Utopie von einer entsündigten Welt“, interpretiert die Regisseurin das Werk. Auch Generalmusikdirektorin Catherine Rückwardt formuliert ihren Respekt vor dem Werk und bezeichnet es als „szenische Messe“. Sandra Leupold geht „ran an die Figuren“, wie sie betont. Dafür benötigt sie Platz für Mensch und Musik. Den schafft sie sich, indem sie die Bühne minimal möbliert und maximal nutzt. Den leeren Raum füllt sie dann nicht nur mit Geschichte und Mythos, sondern auch mit dem ganz pragmatischen Herangehen der Sänger an ihre Aufgabe. Denn in ihrem Parsifal wird der Zuschauer gleichzeitig auch Teilhaber an einem künstlerischen Prozess. Leupold zeigt sich fasziniert von den emotionalen Gegensätzen die aufeinander prallen und die will sie zeigen. „Nach dem wirklich großen Moment des Karfreitagszaubers wird die Tür zum Paradies sofort wieder zugemacht“, resümiert sie.

Sandra Leupold ist aber auch von einer „ultimativen schmerzlichen Musik“ begeistert. „Wie kann man all das vermitteln?“, dieser Frage hat sich Wagner nach Ansicht von Catherine Rückwardt erfolgreich gewidmet. Die wichtigen Themen seien ständig präsent. „Nur durch das Mitleid haben wir eine Chance“, empfindet sie der Musik nach. Für die Sängerinnen und Sänger war die Einstudierung vor allem in den Hauptpartien eine große Herausforderung. Die Generalmusikdirektorin vergleicht diese Arbeit ohne zu Zögern mit Leistungssport. Angesichts einer Dauer von fünfeinhalb Stunden liegt der Vergleich jedenfalls nahe.

Die Regisseurin Sandra Leupold hat 2007 bereits in ihrer Inszenierung von Claude Debussys „Pelléas et Mélisande“ mit spartanischer Ausstattung eine dichte Erzählsprache gefunden. Deutschlandweites Aufsehen erlangte sie, als sie vor vielen Jahren in der Berliner Kulturbrauerei Mozarts „Don Giovanni“ mit lediglich sieben Stühlen inszenierte. Die Schülerin von Ruth Berghaus und Peter Konwitschny war unter anderem persönliche Mitarbeiterin von Hans Neuenfels und vereint damit die ganz großen Namen der Theater-Regie in ihrer Biografie. Die Bühne wird von Tom Misch eingerichtet, für die Kostüme zeichnet Marie-Luise Strandt verantwortlich.

Für die Premiere am 12. September um 17 Uhr sind noch Restkarten an der Abendkasse erhältlich.

Weitere Aufführungen finden unter anderem am 28. September, 3. und 12. Oktober, 23. November, 7. und 14. Dezember statt.

Karten unter 06131/2851-222 oder im Internet: www.staatstheater-mainz.de


Veröffentlicht u.a. in der Mainzer Allgemeinen Zeitung

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