Dienstag, 23. September 2008

Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz machen "gemeinsame Sache"

Ob da zusammen gewachsen ist, was zusammen gehört, bleibt sicherlich Geschmacksache. Auf jeden Fall boten die vier Jungs auf der Bühne des Rüsselsheimer Stadttheaters gute Unterhaltung. „Gemeinsame Sache“ heißt das Projekt, mit dem Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz durch die Lande reisen. Und weil's im Duo auf Dauer zu einsam wäre, kommen mit Wolfgang Stute und Josef Piek zwei mindestens genauso profilierte, wenn auch weitaus weniger bekannte Musiker dazu. Vielleicht dienen sie auch ein wenig als Pufferzone für die beiden Primadonnen, die sich auf der Bühne gerne einmal den einen oder anderen verbalen Knuff verabreichen.

Der geradlinige Deutschrocker Kunze und der eher im Schlagergrenzbereich fischende Popmusiker Purple Schulz scheinen auf den ersten Blick nur wenige Schnittmengen zu besitzen. Doch so brav nebeneinander aufgereiht wie auf der Rüsselsheimer Bühne machen sie gute Miene zum offensichtlich dann doch gemeinsam gewollten Spiel. Dass der eine des anderen Statisten sein muss, damit kommt Heinz Rudolf Kunze deutlich besser zurecht. Während dem Kollegen die Aufmerksamkeit gebührt, hält er sich zuverlässig klampfend zurück. Purple Schulz hingegen versucht, ähnlich wie ein vernachlässigter Schuljunge, die Blicke der Zuschauer mit allerlei Mätzchen hinter seinem Keyboard auf sich zu ziehen.

Musikalisch nimmt sich das Ganze wie ein bunter Strauß aus dem Kräutergarten der beiden altgedienten Deutschmusiker aus. Mit dem Titel „Über 30“, den Schulz 1997 auf Platte gepresst hat, blickt der bald 52-Jährige kokett auf die Zeit zurück, in der er „die Welt verändern“ wollte. Kerzengeradeaus rockig gibt das Quartett den 1990er-Hit „Du hast mir gerade noch gefehlt“ zum Besten, aus seiner Anfangszeit gibt’s „Kleine Seen“ im Duett mit Heinz Rudolf Kunze zu hören. Die tatsächlich sich einstellende verträumte Atmosphäre zerstören sich die beiden allerdings selbst durch ein paar ungeschickt platzierte Albernheiten.

Die raue Lässigkeit von Heinz Rudolf Kunze wirkt komplett unverfälscht. Sowohl sein kernig-lässiges Kinks-Cover „Lola“ aus dem Jahr 1984 als auch der zwei Jahre später veröffentlichte Kult-Hit „Finden Sie Mabel“ funktionieren einwandfrei. Auch bei etwas unbekannteren Titeln, in denen er von „eigenen Wegen“ singt oder sich bundesweit „steckbrieflich gesucht“ fühlt – ein ganz normaler Verfolgungswahn, wenn man 200 Tage im Jahr auf Tour ist –, trifft er mit seiner rauen Geradlinigkeit genau den Nerv seiner Fans. Selbst dann, wenn er in einer Referenz an Johnny Cash glaubt, es ginge zu Ende mit ihm. Was natürlich nicht stimmt, dazu hat er noch viel zu viel Energie und musikalische wie textliche Einfälle en masse sowieso.

Der „gemütliche Herrenabend“, wie ihn Kunze nennt, ist zu einem lockeren Familientreffen geworden, zu dem sich vier durchaus unterschiedliche, aber zeitweise durchaus kompatible Musiker zusammen gefunden haben, um eine Weile, jeder auf seine Art, Spaß miteinander zu haben und daran das Publikum teilhaben zu lassen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


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