Sonntag, 21. September 2008

Patricia Kopatchinskaja setzt mit Bartoks Violinkonzert Nr. 2 in Mainz Maßstäbe

Wer die Interpretationen von Patricia Kopatchinskaja kennt, dem wird es zukünftig schwer, sich mit anderen Annäherungen zufrieden zu geben. Im vergangenen Jahr war es Schumanns Violinkonzert, mit dem sie im Mainzer Staatstheater Maßstäbe gesetzt hat, ihre Beethoven-Interpretation vor zwei Jahren in Frankfurt ist jedem unvergessen, der sie gehört hat. Nun eröffnete sie gemeinsam mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz die Saison der Meisterkonzerte in der Rheingoldhalle. Dafür hatte sie sich das Violinkonzert Nr. 2 Sz 112 von Béla Bartók ausgesucht, wahrlich kein Werk, das den Ohren schmeichelt.

Gerade hier aber gelingt es der Fachfrau für Gegenwarts-Musik, die Spannungen eines Werkes zu erspüren, das vor 70 Jahren an der Grenze zwischen den Stilen einen ganz eigenen Weg einschlug. Den Kopfsatz nimmt sie mit rasendem Eifer, das man Angst bekommt, sie könne die Bremse nicht rechtzeitig finden. Doch bei allem Enthusiasmus und aller Leidenschaft weiß sie ganz genau, was sie sich und dem Stück zutrauen kann. Mit einer geradezu urwüchsigen Musikalität, die durch eine ungeheure Disziplin veredelt wird, widmet sie sich einer Interpretation, der ein Höchstmaß an Impulsivität inne wohnt. Die wenige Gelegenheiten, die sich zum sinnlichen Schwelgen anbieten, nutzt sie weidlich aus, daneben stehen im Blindflug durchfegte Doppelgriff-Passagen.

Fahl und unwirklich steigt sie in den langsamen Satz ein, gibt ihm zunehmend Substanz. Klanglich scheint sie keinerlei Grenzen zu kennen. Im finalen Allegro molto macht sie sich die Sprache Bartóks endgültig zu eigen und demonstriert, wie sehr sie sie bis ins Detail beherrscht. Dieses Selbstbewusstsein am rechten Platz wirkt in keiner Sekunden aufgesetzt, denn vor allem steht Patricia Kopatchinskajas Natürlichkeit, mit der sie keinen Zweifel an der Aufrichtigkeit ihres musikalischen Anliegens lässt. 

Die Staatsphilharmonie unter der Leitung von Ari Rasilainen ließ sich dabei nie in den undankbaren Part eines Stichwortgebers zurück drängen, in der folgenden dritten Sinfonie von Anton Bruckner in der zweiten Fassung von 1876/77 war der Klangkörper in seinem ganzen Format wahrnehmbar. Sehr differenziert und wohlproportioniert hat Rasilainen ein sehr tief gehendes Verständnis für das Werk vermittelt. Klare Strukturen und pointiert ausformulierte Themensetzung ließen die Sinfonie transparent und dennoch dramatisch wirken. 


Keine Kommentare: