Sonntag, 24. Februar 2008

Puccinis "La Bohéme" an der Oper Frankfurt

Vor zehn Jahren hat Alfred Kirchner der Frankfurter Oper eine „La Bohéme“-Inszenierung beschert hat, die sich auch heute als zeitlos erweist. Der Zadek- und Peymann-Schüler , der im vergangenen Jahr 70 Jahre alt wurde, erwies dem Haus damit einen großen Dienst. Ihm ist es gelungen, ein musikalisches Drama zu erzählen, das bei allen kitschigen Momenten, großformatig angelegten Gefühlen und unterhaltsamem Parlando nicht beliebig wirkt. Alan Barnes hat die Wiederaufnahme szenisch behutsam eingerichtet, so dass die Handlung von der ersten bis zur letzten Minute spannend bleibt, dazu ihre originellen Momente hat. Etwa bei dem großen Musetta-Auftritt im Quartier Latin, wenn ein Puppenspieler ihre selbstverliebte Szene nachäfft. Musikalisch wird das Publikum verwöhnt. Peter Auty, der als Rodolfo sein Debüt an der Frankfurter Oper gibt, gefällt als potenter Tenor, der im ersten Bild das obligatorische hohe C mit Kraft und Lust zelebriert. Seine Stimme reibt sich gewinnbringend an dem Part, was seine Darstellung zusätzlich interessant macht. Als Mimi ist Siheng Yi ebenfalls zum ersten Mal auf dieser Bühne zu sehen und hinterlässt mit ihrer eleganten, mitunter zurückhaltenden Brillanz einen fabelhaften Eindruck. Hinzu kommen perfekt besetzte Sänger, von dem satten Bariton des Marcello (Oleg Romanshyn) bis zur kokett-verruchten Musetta (Elin Rombo). Carlo Montanaro führt sein Orchester geschickt durch emotionale Berg- und Talfahrten, der Chor unter Leitung von Alessandro Zuppardo und der von Apostolos Kallos einstudierte Kinderchor agieren präzise und lebendig.
Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

Sonntag, 10. Februar 2008

Diana Damrau und das Münchner Rundfunkorchester in der Alten Oper Frankfurt

Wenn Diana Damrau auf der Bühne steht, mutet sie ihrem Publikum keine künstlichen Posen zu. Die Sopranistin, die von der Frankfurter Oper aus ihre Weltkarriere startete, kam nun mit einer Art „Buntem Abend“ zurück, hinter sich das Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung des jungen, spritzig agierenden Dirigenten Dan Ettinger.

Dass jemand die kokett-koloraturenfreudige Frau Fluth aus Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ sein kann, und Minuten später genauso glaubwürdig die filigranen Formen der Ophelia aus dem „Hamlet“ von Ambroise Thomas nachzeichnet, lässt sich nur schwer vorstellen. Diana Damrau kann das. Und setzt ein schwungvolles „Ah! Je veux vivre“, das Walzerlied der Juliette aus Gounods „Romé et Juliette“ drauf.

Gefühlter Höhepunkt: „O luce di quest'anima“, die hinreißenden Zeilen, mit denen Linda ihre Gefühle zu Carlo offenbart (Donizetti: linda di Chamounix). Da zaubert Diana Damrau ein aufregendes Wechselspiel von beiläufiger Leichtigkeit und enormer Dichte – eine Spannbreite, die ihr mühelos und doch entlang einer merklichen Reibungsfläche gelingt. Musettes Walzer „Quando me'n vo soletta“ aus Puccinis „La Bohème“ ist fast ein Zugabestück, zumindest was die Galanz des Vortrags angeht.

Das Münchner Rundfunkorchester ist kein Statist. Begeisterung und Engagement des Dirigenten übertragen sich auf die Musiker. Wärme und Eleganz der Solistin beantwortet das Ensemble mit musikantischer Hingabe. Dazwischen stecken gut ausgeleuchtete Ouvertüren, die so isoliert auch ihren Reiz haben.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse