Donnerstag, 31. August 2006

Interview mit der Geigerin Julia Fischer

Die 23-jährige Geigerin Julia Fischer kann sich derzeit über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Die Alte Oper widmet der Münchnerin ab heute ein Interpretenportrait, an der Frankfurter Musikhochschule wird sie mit Beginn des Wintersemesters als Professorin eine Violinklasse leiten. Wir sprachen mit ihr über künstlerische und pädagogische Herausforderungen.


Sie arbeiten seit Jahren mit den bedeutendsten Größen der Musikwelt zusammen. Wie gehen Sie mit diesen Kapazitäten in der Vorbereitung auf Ihre Konzerte um?
Musikalisch ist es eigentlich egal, welches Alter das Gegenüber hat. Natürlich steckt da eine andere Erfahrung dahinter, aber man diskutiert oft auf die gleiche Art und Weise. Man hat sich etwas über das Stück überlegt, hat vielleicht verschiedene Meinung, tauscht sich aus und diskutiert. Dabei überzeugt eben der eine den anderen. In Bezug auf berufliche Entscheidungen habe ich von erfahreneren Kollegen sehr viel gelernt.


Von welchen?
Eine wichtige Person in Bezug auf Repertoire und Aufnahmen ist sicherlich Neville Marriner , dann Lorin Mazel und auch Yakov Kreizberg. Von ihnen habe ich viel darüber gelernt, welche Konzerte man annimmt, welches Repertoire einstudiert werden soll, wie viele Konzerte man überhaupt annimmt…


Und was haben die Herren falsch gemacht, dass Sie jetzt dieses Mammut-Programm in der Alten Oper auf sich nehmen?
(lacht) Also die Idee für das Projekt entstand im Januar 2004, als ich mit der Academy of St. Martin in the Fields und Neville Marriner in Frankfurt gespielt habe. Anschließend waren wir gemeinsam mit dem Intendanten der Alten Oper, Michael Hocks essen und der meinte, es sei doch schade, dass wir nur ein Konzert spielen und dann wieder gehen. Da war ich wieder etwas vorlaut und ich sagte, er könne uns ja mal für mehrere Konzerte einladen.


Nun stehen fünf Konzerte kurz hintereinander an. Ist da viel Neues für Sie dabei und wie haben Sie das Programm zusammen gestellt?
Absolut neu ist es für mich, ein Orchester zu leiten. Auch einige neue Werke sind dabei. Die Elgar- und die Tschaikowsky-Serenade kannte ich vor einem Jahr noch nicht. Schönbergs „Verklärte Nacht“ habe ich schon gespielt, allerdings in der Sextett-Version und in der zweiten Geige. Die „Vier Jahreszeiten“ und die Tschaikowsky-Serenade habe ich im Repertoire. Ich könnte das alles mit einem anderen Orchester als der Academy nicht machen, weil wir uns so gut kenne. Da habe ich richtige Freunde drin, es ist keine anonyme Bekanntschaft. Bei dem Rezital-Programm habe ich mit Yean-Ives Thibaudet telefoniert und wir haben diskutiert, was wir machen wollen. Das war sehr unkompliziert. Daniel Müller-Schott (Cello) und ich haben ein relativ großes Trio-Programm, so dass wir die Wahl immer dem Pianisten überlassen.


Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, die der musikalische Nachwuchs in Deutschland hat?
Ich bin der Meinung, dass es in Deutschland fantastischen Nachwuchs gibt, was nicht heißt, dass man ihn nicht mehr fördern muss. Es gibt nie genug Förderung. Wir stehen aber gar nicht so schlecht da. Dennoch müsste man die Musikschulen finanziell viel mehr unterstützen. Es gibt da große Unterschiede. Es gibt phänomenale und katastrophale. Letztendlich hat aber jedes Kind, das in Deutschland Musiker werden möchte, die Chance dazu, wenn es die Eltern unterstützen.


Fühlen Sie sich selbst als ein Vorbild für andere junge Musiker?
Ich schaue mich nicht um und schaue, ob ich ein Vorbild bin oder nicht. Natürlich gibt es Menschen, die mich nach meiner Meinung fragen, die wissen wollen, zu welchem Lehrer sie gehen sollen und was wichtig ist. Ich beantworte das dann auch und manche folgen meinen Ratschlägen auch. Vielleicht bin ich es für manche, aber ich lebe nicht bewusst so, dass ich als Vorbild dienen kann.


Das wird sich ab September ein wenig ändern müssen. Sie werden als Professorin an der Frankfurter Musikhochschule arbeiten. Wissen Sie, was da auf Sie zukommt?
In gewisser Weise schon. Aber natürlich werde ich Überraschungen erleben. Das erwarte ich und darauf freue ich mich, wie ich mich immer schon auf Herausforderungen gefreut habe. Das wichtigste für mich ist, dass Studenten auf mich zukommen, die etwas lernen möchten und mich als Lehrer respektiert. Ich habe gerne Studenten mit einer eigenen Meinung, aber sie dürfen nicht aus Grundsatz oppositionell sein. Ich führe gerne Diskussionen und tausche mich auch gerne mit anderen Musikern aus. Aber es kann nur funktionieren, wenn das Ziel das gleiche ist: die bestmögliche Interpretation.


Wie werden Sie mit Problemen umgehen, die Sie aufgrund ihrer Begabung und damit verbundenen Karriere vielleicht selbst nie hatten?
Kein Mensch hat in seiner Entwicklung alle Probleme gehabt. Die Probleme, die man in einer Musikausbildung bekommt, hängen nie nur davon ab, wie schnell die Karriere verläuft. Sie hängen vom Charakter ab, von der Frage, wie jemand intellektuell, motorisch, emotional begab ist und ob er eine gute musikalische Intuition besitzt. Die Qualität eines guten Lehrers ist es, sich in die Situation eines anderen Menschen versetzen und dann eine Lösung finden zu können. Es wäre zu einfach, wenn man jedes Problem schon vorher gelöst hätte, das kann ja nicht sein.


Haben Sie sich vorher mit eigenen Lehrern besprochen, wie Sie nun an die neue Aufgabe herangehen können?
Meine Mutter ist ja Klavierpädagogin. Das Wissen, das sie hat, hat sie versucht, an mich weiter zu geben. Meine eigene Lehrerin, Ana Chumachenco wird mir zur Seite stehen. Gerade, was Repertoire-Fragen anbelangt. Das ist eine sehr wichtige Frage in der Ausbildung. Ich habe ja auch nette Kollegen in Frankfurt, die werde ich sicherlich auch fragen. Ich frage prinzipiell gerne andere Musiker um ihre Meinung, daher werde ich das auch machen, wenn es um pädagogische Aspekte geht.


Werden Sie den Konzertbetrieb zugunsten der Lehrtätigkeit einschränken müssen?
Nein. Ich versuche ja ohnehin, nie über 100 Konzerte im Jahr hinaus zu kommen, was sowieso schon zu viel ist. Meine Traumzahl sind 80 Konzerte im Jahr. Die werde ich jetzt auch verteidigen müssen.


Ziehen Sie nach Frankfurt?
Ich werde jetzt erst einmal in München bleiben.



Auszüge veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse und der Wetzlarer Neuen Zeitung

Montag, 28. August 2006

Justus Frantz konzertiert mit Kindern in Mainz

Wenn Justus Frantz den Taktstock hebt, sind es in der Regel versierte Profimusiker, die seinem Schlag folgen. Im Mainzer Dom war das jetzt einmal anders. Zwischen den Instrumentalisten der „Philharmonie der Nationen“ hatten sich musikbegabte Kinder im Alter zwischen acht und 16 Jahren hinter die Pulte gesetzt. Möglich gemacht wurde diese Initiative vom Mainzer Schott-Glas-Konzern, der den Dirigenten eingeladen hatte, mit den Nachwuchstalenten eine Woche gemeinsam zu proben.

Kameras, Mikrofone und Leuchten sind auf sie gerichtet, einige Kinder blinzeln nervös und versuchen, in dem riesigen Mittelschiff der Kathedrale ein bekanntes Gesicht zu erspähen. Doch die meisten haben sich schnell an die Aufmerksamkeit gewöhnt, die ihnen an diesem Tag gilt. Udo Ungeheuer, der Vorsitzende des Schott-Vorstandes betont, dass sein Betrieb mit diesem Projekt junge Menschen für klassische Musik interessieren möchte. Bei den jungen Musikern musste er wohl kaum Überzeugungsarbeit leisten, immerhin haben alle bereits mindestens zwei Jahre Instrumentalunterricht hinter sich– zumindest ist das eine der Voraussetzungen gewesen.

Doch bestimmt wird sich der eine oder andere durch diese Situation besonders motiviert fühlen und weitermachen. Schließlich ist so ein Konzert für jeden Musikschüler etwas ganz besonderes. Der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann, der die Schirmherrschaft übernommen hat, spricht vor dem Konzert über Wertevermittlung durch die Musik und betont den im doppelten Sinne spielerischen Aspekt.

Doch dann wird es ernst für die Musiker. Zuerst steht Mozarts Ouvertüre zur Zauberflöte auf dem Programm. Wenn man die Augen schließt, merkt man kaum, dass es sich um ein Gemeinschaftsprodukt von Profis und Nachwuchs handelt. In der Kindersinfonie von Franz Joseph Haydn ist besonders viel Enthusiasmus zu spüren. Dann geht es richtig rund, mit Rasseln, Perkussionsinstrumenten und Blockflöten. Beide Stücke sind gezielt ausgewählt worden, sie überfordern nicht, setzen aber doch ein gehöriges Maß an Musikalität und soliden technischen Fähigkeiten voraus. Und inmitten der erfahrenen Musiker wächst hier sicherlich so manches Kind an Geige, Querflöte oder Kontrabass über seine eigenen Grenzen hinaus. Eine Erfahrung, die prägt.

Weniger geschickt ist dann die Programmänderung im zweiten Teil gewählt. Statt der populären „Jupiter-Sinfonie“ von Wolfgang Amadeus Mozart, die auf dem Programmzettel steht, gibt es die fast einstündige sechste Sinfonie in A-Dur von Anton Bruckner zu hören. Selbstverständlich ausschließlich von der „Philharmonie der Nationen“ gespielt. Für die Zuhörer, die sich auf leichtere Kost eingestellt haben, eine Herausforderung. Unruhe, Abwanderungen und unbeirrbares Klatschen zwischen den Sätzen sind die Folge.

Veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung Mainz

Sonntag, 27. August 2006

Leipziger Kammerorchester und "Immortal-Bach-Ensemble" unter Leitung von Morten Schuldt-Jensen beim Rheingau Musik Festival

Schon die Orchesteraufstellung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Links die Streicher, rechts die Bläser, ein Mischen der Klänge ist damit kaum möglich. Vielleicht nicht erwünscht? Auf jeden Fall ungewohnt. Das Leipziger Kammerorchester unter Leitung von Morten Schuldt-Jensen bricht auf diese Weise in Mozarts berühmter Sinfonie-Nr. 40 in g-Moll (KV 550) schon einmal rein formal mit den Hörgewohnheiten. Warum auch nicht, schließlich gibt es genug Erwartbares im Konzertbetrieb.

Wenn es denn nur aufgehen würde. Doch schon im Kopfsatz kommt das Orchester nicht richtig auf einen Nenner. Müßig zu spekulieren, ob das auch etwas mit der äußeren Unruhe zu tun hat. Das Ensemble poltert ungewohnt heftig voran, spart nicht an forschen Phrasierungen und agiert äußerst selbstbewusst und mutig. Außerdem hat das Leipziger Kammerorchester einen ausgesprochen transparenten Klang zu bieten. Alles gute Voraussetzungen für eine spannende Interpretation. Doch eine glaubhaft vermittelte Linie ergibt das allein noch nicht.

Ein Blick auf den Dirigenten bringt Aufklärung. Schuldt-Jensen dirigiert meist in gebückter Haltung, schaufelt aufwändig im Keller herum und kommt mit seinen Angaben selten einmal über Brusthöhe hinaus. Ihm scheint sein Chor zu fehlen, der erst später kommt. Nahezu unsichtbare Einsätze führen im Finalsatz prompt zu einem irritiert tröpfelnden Einstieg der Instrumentalisten. Leider kein Einzelfall, sondern ein Höhepunkt dieser eher intuitiven Leitung. Ein Glück, dass die Konzertmeisterstelle hier souverän ausgefüllt wird.

Fragezeichen hinterlässt auch das kurze „Stabat Mater“ (D 175) von Franz Schubert. Schuldt-Jensens farb- und konturenlose Leitung wirkt schulmeisterhaft, vermittelt kaum Spannung und rechnet das Werk klein. Es gelingt ihm nur unzureichend, seinen kultiviert singenden Chor, das aus dem Gewandhaus-Kammerchor hervorgegangene „Immortal-Bach-Ensemble“, zu der durchaus möglichen Vermittlungsleistung zu motivieren. Kein Wunder, dass das Publikum nach dem letzten Ton nicht weiß, ob es applaudieren soll und es dann eben lässt.

Etwas klarer strukturiert erklingt Schuberts Es-Dur-Messe, die dank einem pointierten Chorklang immer wieder aufs Neue fesselt. Schade nur, dass das Orchester hier oft etwas zu dominant aufspielt. Dennoch können fast schwebende Momente im Credo feingliedrig transportiert und die Wendigkeit der einzelnen Stimmgruppen im Agnus Dei demonstriert werden. Choreigene Solisten mit unaufdringlicher natürlicher Färbung runden eine saubere Leistung ab.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

Mittwoch, 23. August 2006

Ewa Kupiec beim Rheingau Musik Festival

Eine Künstlerin wie Ewa Kupiec kann sich so etwas leisten. Beim Rheingau Musik Festival bot die renommierte Pianistin nun einen Klavierabend an, der kaum auf den Geschmack der Massen ausgerichtet war. Und so blieben die wirklichen Liebhaber ihrer Kunst auf Schloss Johannisberg für die Festival-Verhältnisse auch überschaubar. Intendant Michael Hermann verwies allerdings ausdrücklich auf die Besonderheit des Abends und auf die exklusiv für diesen Abend zusammengestellte Auswahl – was mit Blick auf die Mosel-Festwochen allerdings nicht ganz haltbar ist.

Unter Umgehung jeder konzertdramaturgischer Konvention startete die polnische Künstlerin ihren Abend mit Neuer Musik im weiten und engen Sinn. Zu seinen „Metopen“ op. 29 wurde Karol Szymanowski wohl 1915 von den gleichnamigen reliefgeschmückten Platten an den griechischen Tempeln inspiriert, die er zuvor auf Sizilien besichtigt hatte. Die kurzen, effektvollen „poèmes“, wie der Komponist sie nennt, ließ Ewa Kupiec mit einer ungeahnten Präzision und stimmungsvollem Glanz Revue passieren.

Ohnehin kann sie mit einer beneidenswerten Genauigkeit aufwarten, die nie starr oder einengend wirkt. Im Gegenteil: aus dieser Eigenschaft scheint sie kreative Kraft zu schöpfen. Dabei nutzt sie ihre Souveränität als eine Art ruhiges Gewissen ob einer musikalisch hoch angelegten Basis, hinter die sie nie zurückfallen wird. Dieses Bewusstsein macht sie frei und auch mutig.

Damit ist sie für das „Labyrinth“, das ihr Randall Meyers 1998 geschrieben hat, ausreichend gewappnet. Anders als bei John Cage, der seine Klavier oft starr präparieren lässt, so dass der ursprüngliche Klang dauerhaft ausgeschlossen bleibt, hat Meyers keine permanenten Einbauten vorgesehen, lässt die Künstlerin aber dennoch oft genug im Innern des Instruments hantieren. Ein tiefes, beängstigendes Klopfen steht da am Anfang, wird mittels Pedal mit viel Hall versehen. Das wirkt fast synthetisch und steht damit im feinen Kontrast zu den resignierenden tonalen kleinen Läufen. Die wirken rau und wiederholen sich immer wieder, bis schließlich das letzte Klopfen in der Stille verhallt.

Im zweiten Teil sind die Klänge dann gewohnter. Franz List hat zwischen 1839 und 1846 drei Sonette des italienischen Dichters Francesco Petrarca in Klaviermusik übersetzt. Ähnlich wie die Szymanowski-Gedichte nur eben stilistisch auf ganz andere Weise führen die kurzen Stücke in mal träumerisch verzagte, mal verzweifelt drängende Situationen. Schließlich konnte Ewa Kupiec in „Romeo und Julia“ von Sergej Prokofjew gleichzeitig unbeirrbare Virtuosin und faszinierende Erzählerin sein. Kluge Zurückhaltung bei Pater Lorenzo, aufgeregte Zerrissenheit bei Mercutio und ein gewaltiges Aufbegehren beim Zusammentreffen von Montagues und Capulets verschmolzen bei dieser Pianistin zu einer dichten musikalischen Schilderung.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

Montag, 21. August 2006

Singer Pur mit Vokalmusik des 16. Jahrhunderts

Vokalmusik aus dem 16. Jahrhundert zu singen ist so etwas wie Archäologie zu betreiben. Aus dieser Zeit gibt es zwar mittlerweile ein Fülle an Material, doch den Interpreten bleibt ein großer Ermessens-Spielraum, wie sie mit der vorhandenen Literatur umgehen. Außerdem finden sich immer wieder neue Spuren. Das Sextett „Singer Pur“ hat sich nun für die Gegenüberstellung zweier Komponisten mit ähnlichen Lebensdaten entschieden. In St. Peter gestalteten sie damit beim Mainzer Musiksommer ein durchgängig spannendes Konzert.

Beide Komponisten wurden um 1553 geboren und haben ihr jeweiliges Umfeld musikalisch geprägt. Durch seine Konvertierung zum Protestantismus hatte Leonhard Lechner die Gunst seines Dienstherren, einem Hohenzollern-Grafen verwirkt und fand schließlich eine Anstellung an der Württembergischen Hofkapelle Stuttgart, in der er bis zum Kapellmeister vorrückte.

Bereits in dem ihm gewidmeten Programmteil skizzierten „Singer Pur“ die erstaunliche Vielfalt früher vokaler Polyphonie. Dank ihrer entspannten Klangformung gelang es den fünf Herren und der Sopranistin, eine ungewohnte Musik überaus ansprechend zu vermitteln. Sicher abgefederte Dynamik prägte den vierstimmigen Liedsatz „Gott bhüte Dich“, hier wurde Volumen ohne jeden Druck erzeugt. Das dicht verwobene Klangnetz des Gloria aus der Messe „Nun fu mai cervo“ schlüsselte das Ensemble beherzt und respektvoll auf. Fließende Motivübergaben durch alle fünf Stimmen hindurch hielten die Interpretation stets lebendig.

Damit stellten sie auch einen Bezug zum zweiten Komponisten des Abends, dem Italiener Luca Marenzio, her. Die Messe bezieht sich nämlich auf dessen gleichnamiges Madrigal, das an diesem Abend nicht fehlen durfte. „Singer Pur“ erzählten das üppig dimensionierte Werk packend und vermittelten mit ihrer sensiblen Deutung plastisch auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit irdischen Lebens.

Mit drei kurzen Madrigalen zu sechs Stimmen rundeten „Singer Pur“ ihr programmatisch klug zusammengestelltes und musikalisch pointiert transportiertes Konzert ab. Als lang gezogene Klage entwickelte sich das „Tutte sue squadre“ (All seine Gruppen von Nöten), intensiv kostete das Ensemble die fast süffigen Momente im „Vaghi capelli aurai“ (Dunkles, güldenes Haar) aus, einen einzigen schwebenden Klang projizierte „Singer Pur“ abschließend im „E sio mi doglio“ (Und wenn ich Schmerz empfinde).

Veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung Mainz

Sonntag, 20. August 2006

Musica Antiqua Köln beim Rheingau Musik Festival

„Bedeutende Musikwerke europäischer Fürstenhöfe“ sollten sie „in den kommenden Jahren“ im Rheingau aufführen. So freute sich das Rheingau Musik Festival noch in seiner Programmvorschau Anfang des Jahres. Dafür war Musica Antiqua Köln sogar eigens als „Ensemble in Residence“ ausgerufen worden. Doch schon die zweite Saison wird die letzte sein. Die Originalklang-Experten um Reinhard Goebel lösen sich, wie bereits berichtet, zum Ende des Jahres auf. Damit geht eine über 30-jährige Erfolgsgeschichte zu Ende, die Goebel zu den wichtigsten Protagonisten der Szene hat werden lassen.

Im Rheingau ist dieser Abschied einer auf Raten. Denn bereits zum dritten Mal in Folge hat sich Goebel kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen. Und so stand das Ensemble in Kloster Eberbach nun ohne seinen Primgeiger und musikalischen Leiter auf der Bühne. Seine Stelle am Dirigentenpult hatte der Tenor Max Ciolek übernommen, der auch für die Einstudierung des VokalEnsembles Köln verantwortlich war. Eine Dreifachbelastung – er agierte zudem als Solist –, die dem Konzert nicht gerade zuträglich war.

Ciolek mühte sich redlich und seine Leistung in Sachen Einsatz und Durchhaltevermögen ist durchaus bewundernswert. Doch hätte das Konzert auch vom ersten Pult aus geleitet werden können und wäre damit vermutlich deutlich organischer ausgefallen. Zu offensichtlich waren mitunter die unterschiedlichen Tempovorstellungen, bei denen sich Ciolek regelmäßig der Musica Antiqua Köln anpassen musste.

Herausragende Einzelleistungen der Solisten und die gelassene Präsenz zweier routinierter Ensembles waren es schließlich, die das Konzert dennoch zu einem angenehmen Gesamteindruck führten. Im Programm wurden zwei Trauermusiken aus dem Umfeld des Dresdner Hofs zu Zeiten Augusts des Starken neben einander gestellt. Jan Dismas Zelenka schrieb sein Officium Defunctorum zu Augusts Tod und zeichnete darin eine grundsätzlich düstere Klangwelt. Auch die Textvorlage erzählt vor allem von Verfall, Sünde und Schuld. Deutlich optimistischer klingt da das „Oratorio funebre all’ occasione della morte di Maria Giuseppa Regina di Poloni“ für Augusts Frau, das allerdings vermutlich nie aufgeführt worden ist. Da steht am Ende des Zwiegesprächs von „Glorie“ und „Genie“ das Gute, das dem Unglück folgt.

Hier, wie auch schon bei Zelenka, gefiel der warm timbrierte Alt von Elisabeth Wilke, die ihrer Stimme zudem immer das notwendige Maß an Dramatik zu verleihen wusste. Tenor Max Ciolek verfügt zwar über einen klaren Ansatz, wirkte aber streckenweise merkwürdig unfrei. Strahlend hell erklang Celine Scheens Sopran im Officium, was in einem interessanten Kontrast zum verzweifelten Text „Verschone mich Herr, denn meine Tage sind so gut wie nichts“ stand. Passend hingegen die kernige große Stimme von Raimund Nolte (Bariton). Chor und Orchester erwiesen sich einmal mehr als präzise agierende Klangkörper, bei denen klangliche Homogenität und differenzierte Detailsuche keine Gegensätze sind.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

Sonntag, 13. August 2006

Das Ensemble Vocal de Lausanne und die Sinfonietta Lausanne unter Leitung von Michael Corboz beim Rheingau Musik Festival

Drei Messen, alle unerhört unterhaltsam und das auf ganz unterschiedliche Art. In der Regel erwartet man von dieser Kompositionsart nicht allzu viele dramatische Anstöße, immerhin hat sie eine klare liturgische Aufgabe zu erfüllen. Doch es gibt zahlreiche Beispiele von Messen, die sich heute auch isoliert vom Gottesdienst für den Konzertsaal eignen. In Kloster Eberbach gab es nun drei spannende Vertonungen zu hören, die diesem Anspruch genügen. Das Gemeinschaftswerk von Gabriel Fauré und André Messager entstand 1881 für die Fischer des Städtchens Villerville in der Normandie und ist auch nach ihnen benannt. Es wurde für eine Wohltätigkeitsveranstaltung geschrieben und von Frauen aus dem Ort aufgeführt. Dementsprechend einfach und klar strukturiert klingt es auch. Die Sinfonietta Lausanne und die Frauenstimmen des Ensemble Vocal de Lausanne nahmen das Stück dennoch nicht auf die leichte Schulter. Die volksliedhafte Natürlichkeit im Gloria wurde wirkungsvoll umgesetzt, eine behutsame Zurückhaltung an der Textstelle „Domine Fili unigenite“ beziehungsreich geübt. Auch wenn der liebliche Chorsatz des „O Salutaris“ von einem süßlichen Violinsolo noch unterstrichen wird, verblieb die Interpretation diesseits der Kitsch-Grenze. Mitreißend geriet die Glora-Messe von Francis Poulenc mit ihrem zahlreichen Zitaten und ihrem oft rhythmisch treibenden Charakter. Hier viel die Sopranistin Sandrine Piau mit angenehm unaufdringlichem Timbre und wirkungsvoller Gestaltung auf. Als Hauptwerk des Abends stand dann Giacomo Puccinis „Messa di Gloria“ auf dem Programm. Michel Corboz trieb die Ensembles schon im Kyrie mit mächtigen Alla-breve-Schlägen an, die mitunter etwas exaltiert wirkten. Dafür kamen leichtfüßige Pizzikati der Geigen und jubelnde Bläsermomente im Gloria zum Vorschein und begleiteten den flott singenden Chor angemessen. Schlank geführt brillierte der junge Tenor Valerio Contaldo, der selbst Mitglied des Vokalensembles ist. Nur in den Höhen war noch manchmal etwas zu viel Druck zu spüren. Hubert Claessens gefiel mit einer solide ausgeführten Partie.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

Musica Alta Ripa beim Mainzer Musiksommer

Wenn wir heute manchmal im Konzertsaal, oder, wie beim Mainzer Musiksommer, oft auch in einer Kirche sitzen und mehr oder weniger aufmerksam einer Musik lauschen, die vor hunderten von Jahren entstanden ist, vergessen wir leicht, dass sie nur in seltenen Fällen dafür komponiert wurde. Gerade die Stücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert waren kaum für gut gefüllte Hallen mit zahlendem Publikum gemacht. Und große Kunst sollten sie manches mal schon gar nicht sein. Die Musikgeschichte kennt unzählige Auftragswerke, Gelegenheits-Stücke oder Übungen für dilettierende gekrönte Häupter. Heute dienen sie als Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit und vermitteln damit neben dem reinen Musikgenuss auch ein wenig von dem Lebensgefühl einer kleinen Schicht dieser Vergangenheit: des Adels und des wohlhabenden Bürgertums.

Das Konzert des Ensembles „Musica Alta Ripa“ aus Hannover reiht sich da hervorragend ein. In deren Programm wimmelt es vor bediensteten „Compositeuren“ und Kapellmeistern, die in ihren unterschiedlichen Funktionen und Ämtern für den guten Ton bei kleineren und größeren Höfen verantwortlich waren. Nur wenige von ihnen genossen einen wirklich überregionalen Ruf – das besorgte bei einigen erst viel später die Wissenschaft.

Den Musikern in St. Ignaz gelang es nun, die unterschiedlichen Eigenheiten dieser Meister anspruchsvoll hervorzuheben, ohne das Konzert zu einem musealen Rundgang zu nutzen. Allein die Idee, ihre Darbietung mit der dafür auseinander gerissenen „Première Récréation de Musique d’une exécution facile“ von Jean-Marie Leclair einzurahmen, spricht für ein gutes Maß an Unbefangenheit und Eigenständigkeit in der Programmgestaltung. Die Suite wäre ohnehin im Vergleich zu den anderen Stücken zu lang gewesen – eine durchaus pragmatische Entscheidung also. So konnte das wuchtig pointierte Menuett in seinem originellen Zwischenton aus Derbheit und Eleganz ebenso effektvoll präsentiert werden wie die Passepied mit ihren überraschenden Rhythmus-Wechseln.

Dagegen wirkten die Cembalo-Sonaten von Domenico Scarlatti schon ein wenig spröde, auch wenn Bernward Lohr technisch sehr souverän und musikalisch einfallsreich agierte. Die Blockflötistin Danya Segal hatte es da mit einer e-Moll-Sonate von Georg Philipp Telemann durchaus leichter und gestaltete die kunstvollen Verzierungen ihres Parts mit improvisatorisch motiviert wirkendem Elan aus. Feinnervig drängend bereiteten die Geiger Anne Röhrig und Christoph Heinemann das Adagio in Jacques Christophe Naudots G-Dur-Sonate für Blockflöte, zwei Violinen und Basso continuo vor, traten im Finalsatz der Partia V in g-Moll von Heinrich Ignaz Franz von Biber in einen packend Dialog ein.

Veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung Mainz

Donnerstag, 10. August 2006

„il Gardino Armonico“ beim Rheingau Musik Festival

Böse Zungen behaupten, dass barocke Instrumentalmusik doch immer gleich klingt. Und auf eine durchaus intelligente Art und Weise hat das nun die italienische Formation „il Gardion Armonico“ (mit besonderem Wert auf das kleine „il“) irgendwie auch bestätigt. Vieles, was im 17. Jahrhundert geschrieben wurde, folgte notwendigerweise dem zeitgenössischen Geschmack und den bekannten Techniken. Oft klingt uns diese Musik auch wie eine große Improvisation in Ohren, die mal weniger mal besser gelungen ist. So bastelte das Ensemble nun kurzerhand aus Werken von Samuel Scheidt, Johann Rosenmüller und Pietro Andrea Ziani eine Art Suite, die von geschickten Cembalo-Übergängen zusammengehalten wurde. Die adrett verspielten Motive, die anfangs durch die Stimmen gereicht und in gut gelauntem Wettbewerb virtuos gesteigert wurden, erhielten durch die folgenden „Sätze“, in denen einzelne Instrumentalisten ein Minimum an Bewegung zelebrierten einen plastischen Kontrast entgegengehalten. Später gesellte sich dann der Blockflötist Giovanni Antonini hinzu. Schon in einem Concerto e-Moll von Francesco Mancini zog er mit frech pointierten Figuren die ungeteilte Aufmerksamkeit auf seine Interpretation. Die Erwartungen übertraf er später noch mit geradezu akrobatischen Umsetzungen im c-Moll-Concerto RV 441 von Antonio Vivaldi. Selten erlebt man eine derart inspirierte und überaus freudige Gestaltung dieser Literatur. Lebendiger und aktueller lässt sich Alte Musik wohl kaum spielen.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

Montag, 7. August 2006

Placido Domingo dirigiert Verdis "Requiem" in der Münchner Philharmonie

Manchmal wirkt es etwas seltsam, wenn ein gefeierter Weltstar sich einem ganz anderen Metier zuwendet, als dem, für das er seinen Ruhm eingestrichen hat. Anderen hingegen gelingt der Fachwechsel seriös und damit nicht weniger effektvoll. Placido Domingo gehört eindeutig zur letzen der beiden Gruppen. Als Leiter des im Jahr 2000 gegründeten „Youth Orchestra of the Americas“, in dem in dieser Saison 110 Musikerinnen und Musiker aus 21 Nationen der beiden Kontinente spielen, hat er sich in authentischer Weise einer Aufgabe zugewandt, die eine enorme künstlerische wie gesellschaftliche Herausforderung bedeutet.

Gemeinsam mit der von Joshard Daus einstudierten Europa-Chor-Akademie und dem Jugendorchester führte er nun in einem nicht anders als spektakulär zu nennenden Auftritt Verdis Messa da Requiem in der Münchner Philharmonie im Gasteig auf. Das Orchester befindet sich derzeit auf seiner einmonatigen Europa-Tournee, die heute an der englischen Ostküste zu Ende geht.

Das an Stimmungswechseln überreiche Requiem eignet sich hervorragend für den Konzertsaal, zumal auch Verdi selbst nicht als besonders religiös galt und dieses Werk in Erinnerung an den italienischen Nationaldichter Alessandro Manzoni schrieb. Er bezeichnete die Komposition seinerzeit als ein „Herzensbedürfnis, nach besten Kräften diesem Großen Ehre zu erweisen“. Seine Erfolgsgeschichte begann das Requiem dann von der Mailänder Scala aus, wo es 1874 geradezu enthusiastisch gefeiert wurde.

Die Aufführung in München konnte mit dieser Stimmung sicherlich mithalten. Verantwortlich dafür war eine zupackende und musikalisch wohldurchdachte Interpretation, zu der Domingo seine Ensembles anhielt. Seine künstlerischen Vorgaben fielen dabei freilich auf fruchtbaren Boden. Empfindsam geriet bereits der Einstieg im leisesten Pianissimo, das man sich vorstellen kann. Der dynamische Kontrast zum „Dies irae“ geriet dafür umso plastischer. Die zerstörerische Kraft des hier illustrierten Gotteszorns brachten Chor und Orchester machtvoll und erbarmungslos hervor.

Spannend gehaltene Generalpausen im „Mors stupendi“ hingegen zeichneten die Akteure als ausnehmend differenzierungsfähig und sensibel aus. Mit Verve engagierte sich das Orchester in ständig aufs Neue wachsender Intensität, dabei erwiesen sich die jungen Instrumentalisten gleichzeitig als ausgesprochen präzise und diszipliniert. Jede Vorgabe des Dirigenten wurde reibungslos und mit hohem musikalischem Verständnis umgesetzt. Auch die Europa-Chor-Akademie zeigte sich bei ihrem Münchner Gastspiel von ihrer besten Seite. Harmonisch ausgewogene Stimmen, treffsicheres Gespür für Stimmungen und eine verantwortungsbewusste Gestaltungsfreude bildeten die Grundlage für ein pulsierendes Erlebnis, das unter die Haut ging.

Domingo gelang es, die vielen melodienreichen Momente zwar wirkungsvoll zu vermitteln, sie aber vor einer Verkitschung zu bewahren, wie es in anderen Interpretations-Vorstellungen oft der Fall ist. Der Opernkomponist Verdi hat sich auch in dieser sakralen Tonschöpfung zu keinem Moment verleugnet, das fällt vor allem in den arienhaften Solopassagen auf. Gerade der New Yorker Mezzosopranistin Fredrika Brillembourg gelang dieser Spagat wie selbstverständlich. So konnte sie sich dezent und natürlich im „Agnus Dei“ zurückhalten, ein warm timbriertes hintergründiges „Lux aeterna“ singen und an anderer Stelle eine dramatische Strahlkraft entfalten. Der überragende Tenor Marco Berti nahm seine Zuhörer ein ums andere Mal in eine schillernde Opernwelt mit, Ildar Abdrazákov überzeugte mit einem profunden Bass. Lediglich die Sopranistin Cristina Gallardo-Domas hätte ihre makellose Stimme durchaus mit weniger Vibrato ausstatten können.

Veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung Mainz

Mittwoch, 2. August 2006

Gespräch mit dem Blockflötisten Maurice Steger

Was alle können, kann eigentlich nichts besonderes sein, oder? Und wer hat nicht schon einmal in eine Blockflöte geblasen und den einen oder anderen Ton herausgequietscht. Vielleicht liegt es auch daran, dass hessische Schulen ihre Fünftklässer kollektiv ans Holz (oder viel schlimmer: ans Plastik) lassen, um ihnen die Flötentöne beizubringen. Nur wenige werden in dieser Phase den Wunsch verspüren, einmal zum professionellen Blockflötenspieler heran zu reifen.
Maurice Steger hat es in diesem Segment international ganz nach vorne geschafft. Gerade ist eine viel beachtete CD mit Telemann-Stücken erschienen, die der gebürtige Schweizer mit der renommierten Akademie für Alte Musik Berlin aufgenommen hat. „Ich denke, dass bei ihm viele interessante Aspekte zusammenkommen“, begründet der Musiker sein Interesse an dem Komponisten, der viel für die Blockflöte geschrieben hat. „Immerhin kein zentrales Instrument“, gibt auch er unumwunden zu. „Telemann ist mit allen Wassern gewaschen“, zeigt sich Steger begeistert. Er habe ganz viele verschiedene Stile und Richtungen entworfen, aber nie etwas nachgemacht, schwärmt er und findet: „Er ist einer der initiativsten Barockkomponisten überhaupt!“

Damit will er auch eine Lanze für einen Komponisten brechen, der seiner Meinung nach hierzulande viel zu gering geschätzt wird. „Gerade die a-Moll-Suite ist großartig, sie lässt dem Interpreten viele Möglichkeiten, das Werk zu beleuchten – das hat man selten“, hebt er die Fähigkeiten des Komponisten hervor. Das knapp halbstündige Werk sei nie oberflächlich und immer bis ins Detail durchdacht. „Eine ergiebige Aufgabe“, urteilt der Flötist.
Steger ist auf Umwegen zu der Blockflöte gekommen. Im Alter von elf Jahren hat er mit Klavier und Querflöte angefangen, fühlte sich dann aber bald von der Idee der Blockflöte angesprochen. „Es hat ja auch was läppisches: man bläst rein und es kommt was raus“, lacht er. „Und aus diesem trivialen Instrument einen schönen Klang herauszuholen, darin habe ich eine große Herausforderung gesehen.“ Ähnlich wie die Stimme ist auch das, was aus dem Rohr herauskommt, sehr unmittelbar. „Irgendwann habe ich dann versucht, die Grenzen des Instrumentes ausloten zu wollen und herauszufinden, was man da wirklich mit tun kann“, erinnert er sich. Die Faszination ist bis heute geblieben: „Wenn ich Blockflöte im Radio höre, muss ich einfach zuhören.“

Auch auf das Publikum, so ist er überzeugt, haben Blockflöten-Konzerte immer eine ganz besondere Wirkung – gerade weil viele dieses kindliche Bild im Hinterkopf haben und dann positiv überrascht werden.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt