Dienstag, 9. September 2008

John Dew inszeniert Fromental Halévys Oper "La Juive" in Darmstadt wenig motiviert

Jacques Fromental Elie Halévy ist heute kaum mehr bekannt, im Frankreich des 19. Jahrhunderts sah das schon anders aus. Da war der Cherubini-Schützling einer der Großen und Dauerkonkurrent von Giacomo Meyerbeer. Zu seinen Schülern zählten George Bizet, Camille Saint-Saens und Charles Gounod. Die Oper „La Juive“ (Die Jüdin) schrieb der Sohn eines hebräischen Dichters im Jahr 1835. Sein Erstling wurde bis 1893 550 mal an der Opéra Paris gespielt. Nachdem John Dew die Oper 1989 in Bielefeld, fünf Jahre später in Nürnberg und 1995 in Dortmund auf die Bühne gebracht hat, war nun Darmstadt an der Reihe.

Das Stück spielt ursprünglich in Konstanz des Jahres 1414, wo der Sieg von Reichsfürst Léopold über die Hussiten gefeiert wird. Der jüdische Goldschmied Eléazar, und seine Tochter Rachel ziehen den Volkszorn auf sich und werden von einem Mann, der sich als Samuel ausgibt und eine Liaison mit Rachel eingegangen ist, gerettet. In Wirklichkeit ist er jener Reichsfürst Leopold, für den die Feier ausgerichtet wird. Als er sich seiner Geliebten zu erkennen gibt, zeigt die sich entsetzt, will ihn dennoch halten, selbst Eléazar lässt sich erweichen, dem Paar seinen Segen zu geben. Doch Leopold ist an Eudoxie, die Nichte des Kaisers gebunden. Während der öffentlichen Hochzeits-Zeremonie klagt Rachel ihn an, mit einer Jüdin verkehrt zu haben, worauf die Todesstrafe steht. Später widerruft sie auf Drängen Eudoxies und rettet ihm damit den Kopf. Sie und ihr Vater aber werden zum Tode verurteilt. Für Eléazar bildet dieser Tod seine verquere Rache an Kardinal Brogny, dessen Tochter er einst aus einem brennenden Haus gerettet und als seine Eigene aufgezogen hat. Als Rachel hingerichtet wird, eröffnet er dem Geistlichen das bittere Geheimnis.

Die klanglich ansprechend umspielte Geschichte lässt es an einigen Stellen an erzählerischer Konsequenz fehlen. Nicht immer werden die Handlungen klar verständlich vermittelt. Auch Dews zurückhaltende Inszenierung, die wenig Personenführung erkennen lässt, trägt nicht zur Aufklärung bei. Das Bühnenbild von Heinz Balthes wirkt zudem mit seiner Reduzierung auf zwei von der Decke herab hängende Dreiecke, die im ersten Akt einen Davidstern bilden, wenig motiviert. Musikalisch wird eine meist solide Aufführung abgeliefert. Zurab Zurabishvilli als Eléazar und Susanne Serfling als Rachel sind der Herausforderung stimmlich gewachsen, Thomas Mehnert gibt dem Kardinal mit knarrig-erdigem Bass eine würdige Statur. Mark Adler hat mit der Partie des Leopold mehrfach zu kämpfen, insbesondere die Höhen machen ihm zu schaffen. Martin Lukas Meister hat das präzise aufspielende Orchester und den flexibel agierenden Chor gut im Griff.

Weitere Aufführungen u.a. am 13. September

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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