Mittwoch, 19. Dezember 2001

Das arcata Kammerorchester bei der internationalen Hugo-Wolf-Akademie

Als „Weihnachtskonzert“ deklarierte die Internationale Hugo-Wolf-Akademie den Abschluss ihres diesjährigen Konzertprogramms. Und in der Tat, festliche Stimmung kam im Mozartsaal der Liederhalle schon ein wenig auf. Das allerdings lag wohl vor allem an Stéphane Hessel, der sich die Zeit nahm, zwischen den musikalischen Beiträgen des arcata Kammerorchesters Stuttgart aus dem Kapitel „Schnee“ in Thomas Manns „Zauberberg“ zu lesen. Bedächtig und in sehr persönlichem Stil fand sich der frühere Diplomat in die Gedankenwelt des Hans Castorp ein. Dem Kammerorchester hätte da schnell die Rolle des Illustrators zukommen können. Allein die Werkauswahl unterband dies.


Mit Arcangelo Corellis Concerto grosso in g-Moll, dem „Weihnachtskonzert“, gelang ein stimmungsvoller Einstieg. Vor allem diese seltsam bekannte kleine Kreiselmelodie im Pastorale-Satz brachte das Orchester ganz nahe an den Zuhörer heran. Weitaus kratzbürstiger gebar sich da die „Brook Green Suite“ von Gustav Holst. Das Prelude endete in geheimnisvollen Pizzicati, während sich der Mittelsatz buchstäblich taktweise zu verdichten schien. Die Auflösung kommt dann im abschließenden „Dance“ in einer hastigen synkopierten Jagd daher. Flinke Läufe der ersten Geigen binden die Aufmerksamkeit im Kopsatz der G-Dur-Sinfonie von Franz Xaver Richter. Die abrupte dynamischen Wechsel ließ das arcata Kammerorchester in einem kurzweiligen Satz ausgesprochen präsent wirken. Im Andante bestand Dirigent Patrick Strub hingegen auf eine zurückgenommene, fast unterwürfige, verschwindende Interpretation, umso aufmüpfiger ließ er seine Geigen dann im Presto aufspielen. Die dämonische Wirkung des programmatischen Ansatzes in Schostakowitsch Kammersinfonie c-Moll, die dem Gedächtnis der Opfer des Faschismus gewidmet ist, stand dann so ganz im übergangslosen Gegensatz zu Mozarts Divertimento in F-Dur (KV 138). Das Kammerorchester gab einen gefälligen Mozart ohne Ecken und Kanten – wo hätten die auch herkommen sollen.


Veröffentlicht in der Stuttgarter Zeitung