Montag, 28. Juli 2008

Regensburger Domspatzen in Eltville

Die Knabenchor-Tradition hat in Deutschland einige hochkarätige Vertreter, die das Feld unter einander aufgeteilt haben. Wer sich einmal von dem besonderen Klang dieser speziellen Chorformation hat fesseln lassen, wird die Begeisterung dafür so schnell sicherlich nicht los. Zu den vier der ganz großen Vertreter dieser Art gehören unzweifelhaft die Regensburger Domspatzen – und das seit mehr als 1.000 Jahren. Denn ihre Tradition geht bis auf die Gründung der Regensburger Domschule im Jahr 975 zurück. Zu den herausragenden Leitern gehörte im übrigen auch Georg Ratzinger, der Bruder des heutigen Papstes Benedikt XVI. Über dreißig Jahre lang prägte er den Chorklang und verhalf den Domspatzen zu ihrem internationalen Ruf.


1994 kam dann Roland Büchner als Domkapellmeister nach Regensburg, ein Amt, das mit der Leitung des renommierten Chores verbunden ist. Nun reisten sie bereits zum dritten Mal auf Einladung der Eltviller Burghofspiele in den Rheingau und präsentierte nden Zuhörern in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Eltville einen mit Bedacht ausgesuchten Querschnitt durch die geistliche Chorliteratur von über vier Jahrhunderten. Angefangen bei Orlando di Lasso, dem Altmeister des 16. Jahrhunderts bis hin zu Enjott Schneider, dem bekannten Münchner Komponisten, der spätestens seit der Filmmusik zu „Schlafes Bruder“ eine hohe Popularität genießt.


Von ihm gab es an diesem Abend gleich auch eine deutsche Zweitaufführung zu hören. Am Tag zuvor hatten die Regensburger den „Sonnengesang des Franz von Assisi“ in Regensburg erstmals in Deutschland gesungen. Im März hatte die Uraufführung bei einer Konzertreise in Südafrika stattgefunden. Das achtstimmige Chorwerk erweist sich als eine ansprechende Vertonung des alten Textes mit deutlich zeitgenössischen Einfärbungen, ohne jedoch in avantgardistischer Phrasendreschrei zu veröden. Im Gegenteil: Durch die Kombination aus altitalienischen Gesängen, Flüsterpassagen und behutsam eingefügten Clustern ist ein äußerst zuhörerfreundliches und dennoch herausforderndes Stück entstanden. Die Regensburger Domspatzen interpretierten ihr Werk mit großem Engagement und klanglicher Strahlkraft.


Auch in den zuvor gehörten Werken, etwa den „Drei Cantica“ von Johann Eccard (1553-1611) erwiesen sich die jungen Sänger als sehr aufmerksam und leistungsfähig. Vital nahmen sie die rhythmischen Herausforderungen an, leuchtend heller Chorsopran stand in erstaunlichem Kontrast zu den profunden Bässen des Chores. Auch für Felix Mendelssohn-Bartholdy fanden sie die angemessene Klangfarbe, ebenso wie für eine Reihe von Werken, die um das zweite Vatikanische Konzil entstanden waren, als es um eine Erneuerung der katholischen Kirchenmusik ging.


Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

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