Freitag, 11. Juli 2008

Christine Schäfer mit den Berliner Barock Solisten im Rheingau

Der Auftrittsapplaus für Christine Schäfer fällt deutlich üppiger aus als der nach dem ersten Auftritt der Berliner Barock Solisten. Die Fans der international renommierten Sängerin sind ganz eindeutig in der Überzahl, was sich schon an der Masse der gezückten Operngläser ablesen lässt, die an die Augen gepresst werden, sobald die Sopranistin das Podium betritt. Sie gehört derzeit zu den führenden und auch vielseitigsten Vertreterinnen ihres Fachs und hat sich von der Oper bis zum Kunstlied einen Namen gemacht, der weit über den auch in der Klassikbranche seit geraumer Zeit üblichen Starrummel hinaus geht. Vom meinungsbildenden Fachblatt „Opernwelt“ 2006 zur „Sängerin des Jahres“ gekrönt, erhielt sie kurz darauf noch den Echo Klassik für die beste Liedeinspielung des Jahres nachgereicht.


In Kloster Eberbach zeigte sie sich von ihrer emotionalen und durchaus auch sinnlichen Seite in Werken alter Meister. „Nel chiuso centro“ heißt eine Kantate von Giovanni Battista Pergolesi, in der er den Stoff von Orpheus und Eurydike knapp verarbeitet und eine ganz eigentümliche, hoffnungsfrohe Grundstimmung vermittelt. „Wer seiner Liebe nahe ist, kann jedes Schicksal, kann alle Qualen leiden“, lässt er den tapferen Helden hoffen. Wenn Christine Schäfer diese Zeilen singt, kommen sangliche Freiheiten und geradezu jubelnde Koloraturen zur Geltung. Sie gleitet spielerisch in die Höhe und kann im nächsten Moment rau und geheimnisvoll flüstern. Ihre dramatischen Fähigkeiten stellt sie später in Ausschnitten aus Henry Purcells Oper „Dido and Aeneas“ unter Beweis.


Dass sich die Berliner Barock Solisten nicht auf eine reine Begleiterscheinung reduzieren lassen, machen sie in lebhafter Umspielung der Solistin ebenso deutlich wie in den rein konzertanten Werken des Abends. Etwa wenn die Musiker um Primus Rainer Kussmaul heimlich in den Kopfsatz des Vivaldi-Concertos g-Moll RV 156 huschen und galant tänzelnd eine spitzbübische Frechheit entwickeln. Auch das Flirren im Finalsatz und die kreisenden Bewegungen beim Voranspreschen zeigen deutlich: Kussmaul und Kollegen haben viel Freude am Musizieren.

Veröffentlicht u.a. in der Frankfurter Neuen Presse

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