Donnerstag, 27. Dezember 2007

"Abba fever" kommt ans Original nicht ran

Abba ist Kult. Das Schweden-Quartett ist ein Exportschlagern und hat auch zweieinhalb Jahrzehnte nach seiner Auflösung nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Dass die Fanschar ungebrochen groß ist, zeigte auch der Zulauf zur Show „Abba fever“, die nun in der Rheingoldhalle gastierte. Die Produktion des Berliner Veranstalters „Star Entertainment“ lockte mit dem „Original aus London“ – in Abgrenzung zum konkurrierenden „Original aus Hamburg“, das ebenfalls durch die Lande tingelt.

Was da geboten wurde, hatte zumindest einen ordentlichen Skurrilitäts-Faktor. Die beworbenen „erstklassigen Solisten“, die für all jene namenlos bleiben, die keine sechs Euro für ein Hochglanz-Heftchen ausgeben wollten, schienen entweder noch die Folgen der Weihnachtsfeiertage auszukurieren oder werden in einer Welt als erstklassig geführt, die mit Musik nicht viel zu tun hat. Den Agnetha- und Frida-Darstellerinnen schien es in der Vorbereitung jedenfalls vor allem um den modischen Aspekt der Präsentation gegangen zu sein. Zu späte oder komplett ausgelassene Einsätze und unsaubere Intervalle im Duett gab es in fast jedem Titel zu hören. Ordentlich verstärkt für einen Raum, der vermutlich zehn Mal so groß wie die Rheingoldhalle ist.

Optisch überraschten die Damen mit Kostümen nahe der Anstandsgrenze, die nur wenig mit der zumeist hochgeschlossenen Garderobe der Originale zu tun hatten und mitunter wirkten, als seien sie aus einem einschlägigen Nachtclub ausgeliehen worden. Stilgetreu im Hintergrund hielten sich die Männer zumeist an ihren Instrumenten fest oder warfen kurze Melodiefetzen ein.

Zusätzlich gab es eine Tanzgruppe aus „internationalen Startänzern“. Der Etiketten-Schwindel, der dahinter steckte, erschloss sich jedem, der auch nur einmal in seinem Leben die Synchronität eines Männerballetts bewundert hat. Fern jeglicher Übereinstimmung tanzte die Gruppe extatisch zu den Titeln. Abstände wurden selten eingehalten, Hebefiguren kurzfristig abgebrochen, Auf- und Abtritte schlampig bis lustlos absolviert. Ach, und dann sind da noch die „fantastischen visuellen Projektionen“ gewesen. Zwei runde Leinwände, auf denen ab und an Abba-Gesichter oder bunte Kaleidoskop-Bilder erschienen. Nicht zu vergessen die grellen Strahler, die gerne direkt auf die Zuschauer gerichtet wurden.

Hinter all dieser geschmacklichen Verirrung muss sich die arme Disco-Kugel über der Bühne wohl recht verloren vorgekommen sein. Sie immerhin drehte zuverlässig ihre Runden und erinnerte als einzige ein wenig an die Zeiten, als Geschäftemacher wenigstens noch Respekt vor dem Urteilsvermögen ihres Publikums hatten.

Veröffentlicht in der Mainzer Allgemeinen Zeitung

1 Kommentar:

Daniel Honsack hat gesagt…

Leserbrief in der Mainzer Allgemeinen Zeitung vom 11.1.08:

Mogelpackung Abba-Fever

Ich habe das Konzert von Abba-Fever, der "Kopie des Originals aus Hamburg" in Mainz selbst besucht, und kann dem AZ-Bericht darüber in allen Punkten nur zustimmen. Man hatte den Eindruck, sowohl in Gesang, Musik und Tanz nur eine drittklassige Gruppe auf der Bühne zu erleben. Zu allem Überfluss gab es noch einen völlig deplatzierten Moderator.

Kein Wunder also, dass viele Zuschauer schon vorzeitig das Konzert verließen! Als Lehre kann ich für mich selbst daraus nur folgern, beim nächsten Mal genauer hinzuschauen, welche Gruppe das echte "Original" und wer die Laien sind.

Dr. Volker Herdegen
55278 Undenheim

http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3118891