Donnerstag, 6. Dezember 2007

Das hr-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi zeigt sich in der Alten Oper auch ohne Solisten in bester Verfassung

Es ist recht ungewöhnlich, ein Orchesterkonzert ohne Solisten zu hören. Auf der anderen Seite aber gibt das dem Orchester die Gelegenheit, endlich einmal den ganzen Abend lang im Zentrum des Interesses zu stehen und zu zeigen, was in ihm steckt, ohne auf einen Solisten Rücksicht nehmen zu müssen. Das hr-Sinfonieorchester jedenfalls braucht sich wirklich nicht hinter großen Namen verstecken. In der Alten Oper stellten die Musiker unter Beweis, das sie ohne Frage mit den großen internationalen Klangkörpern auf Augenhöhe spielen.

Der Auftakt geriet einigermaßen harmlos mit Gustav Mahlers „Blumine“. 1896 hatte der Komponist den ehemals zweiten Satz aus seiner ersten Sinfonie heraus genommen. Ob auf Druck des Publikums und der Kritik, die ihn als trivial und banal bezeichnet hatte, oder aus eigenem Antrieb, ist nicht sicher. Das serenadenhafte Stück jedenfalls wird von Mahler selbst als „glückselige Schwärmerei“ bezeichnet und so wirkte der Satz denn auch beim hr-Sinfonieorchester.

Mit der 2. Sinfonie D-Dur op. 73 setzte das Orchester unter Leitung von Paavo Järvi seinen Brahms-Zyklus fort. Der Komponist bezeichnete sie einmal als sein „neues liebliches Ungeheuer“. Ein Ausdruck, der vielleicht auch mit der Unbeschwertheit seiner Entstehungszeit im Jahr 1877 während eines Sommeraufenthalts am Wörther See zusammen hängt. Dem Orchester gelang es unter anderem, den idyllischen Charakter des dritten Satzes konsequent zu entwickeln, zuvor war der zweite Satz in nachdenklicher Stimmung verklungen.

Franz Schuberts „kleine“ 6. Sinfonie, ein Frühwerk in C-Dur, wurde energisch, mit viel Lebenslust und kraftvoller Zuversicht interpretiert. Das Orchester zeigte sich an diesem Abend spielfreudig und zupackend, dabei immer mit einem sicheren Gespür für Zwischentöne und notwendige Differenzierungen.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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