Dienstag, 23. Oktober 2007

William Relton inszeniert Albert Lortzings "Der Wildschütz" am Staatstheater Darmstadt

Irgend etwas fehlt hier. Wenn William Relton in Darmstadt Albert Lortzings Komische Oper „Der Wildschütz“ inszeniert, bleibt in jeder Szene ein leeres Gefühl zurück. Was da auf der Bühne geschieht, hat weder den Anspruch einer eigenen Deutung des Stoffes, noch lässt sich ein Erzählfaden des Regisseurs entdecken. Im Gegenteil, alles wirkt wie ein einziges Volkstheater mit schnellen Pointen, die sich in der zigfachen Wiederholung aber rasch abnutzen. Der Anfang wirkt irgendwie noch originell, wenn die Hochzeitsgäste mit Äppelwoi aus zünftigen Bembeln anstoßen und der eine oder andere hessische Dialektfetzen erklingt. Doch nach einer Weile der Schreck: Die hessischen Dialoge von Michael Wambold ziehen sich durch das ganze Stück. Ganz egal, ob die Darsteller dazu in der Lage sind oder es einfach nur peinlich klingt. Relton wäre gut beraten gewesen, diesen an sich ordentlichen Einfall komplett an Hans-Joachim Porcher abzuarbeiten, der als Hausdiener Pankratius als einziger echtes komisches Talent im geforderten Sinn beweist.

Auch die Bühne von Heinz Balthes macht nicht so richtig glücklich. Sie wirkt monströs, bleibt aber eindimensional und wirkt wie die vervielfachte Kulisse eines Puppentheaters. Hier ist die Idee ebenfalls wieder einfallsreicher als die Ausführung zwischen hessischem Fachwerk und griechischem Bad. Die typische Verwechslungskomödie wird ansonsten aber temporeich erzählt. Dazu gehört es auch, dass die einzelnen Personen überzeichnet wirken und gerne ins Lächerliche gezogen werden. Der Regisseur sieht keinen Grund, sich schützend vor die Charaktere zu stellen, sondern lässt sie jeweils in ihrer Plumpheit ins offene Messer laufen.

Natürlich steht der arme Schulmeister Baculus (Thomas Mehnert) im Zentrum des Spotts. Der nicht mehr ganz junge Beamte hat sich in Gretchen (Margaret Rose Koenn) eine deutlich jüngere Braut gesucht, die ihm nur in Maßen zugetan ist. Als er nächtlich auf die Pirsch geht, um einen Braten zu schießen, fehlt er nicht nur sondern wird auch noch erwischt, so dass der Graf ihm sein Amt entziehen möchte. Da tritt Baronin Freimann (Anja Vincken) auf den Plan. Sie ist die Schwester des Grafen, erscheint dem Schulmeister aber als Student, dem Bruder später als Gretchen. Als solche wird sie vom Grafen (Oleksandr Prytolyuk) und dessen vermeintlichen Stallmeister (Mark Adler) umworben, der sich später als Baron Kronthal, der Bruder der Gräfin (Elisabeth Hornung) herausstellt. In dieser Maskerade wurde er auch von der eigenen Schwester als Objekt der Begierde entdeckt.

Insgesamt geht das unterhaltsame Spektakel munter vonstatten, es erhebt keinen besonderen Anspruch an mögliche Entlarvungen menschlicher Irrungen und Untiefen. Vielleicht muss das ja auch nicht immer sein. Unter der Leitung von Lukas Beikircher ist das Orchester des Staatstheaters ein zuverlässiger und stimmungsvoller Begleiter, auch der Chor bringt zusätzlichen Schwung ins Geschehen.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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