In Griechenland beschäftigte er sich auch mit der dortigen Literatur, stieß erst auf Chronis Missios, später auf Lily Zografou. „Eine sehr bekannte Schriftstellerin dort“, wie er weiß. Immerhin wurde ihr Erzählband „Beruf: Hure“ bereits in der 40. Auflage gedruckt. „Ich habe mir dann zum Ziel gesetzt, ihr Werk in Deutschland bekannt zu machen“, erzählt Ralf Dreis. Also machte er sich an die Übersetzung und fand im Verlag Edition AV einen Partner, der zum Druck bereit war. Dort lief gerade eine Themenreihe „kämpferische Frauen“ an.
Dreis zeigt sich nicht nur von der Literatin, sondern auch von Lily Zografous Biografie fasziniert. Die 1922 geborene Frau ging in den Widerstand gegen die deutschen Besatzer, brachte in Kriegsgefangenschaft ihre Tochter zur Welt. Später sei sie weiterhin „unangepasst und kämpferisch“ gewesen und bezeichnete sich als „freiheitliche Kommunistin“, überwarf sich mit der stalinistisch geprägten griechischen Kommunistischen Partei. Auch gegen die bürgerliche Feminismus-Bewegung argumentierte sie vehement, weil den Frau hier erneut vorgeschrieben werde, wie sie sich zu verhalten hätten.
Die Erzählungen in „Beruf: Hure“ handeln teilweise von Begebenheiten während der Militärdiktatur, behandeln aber auch den Themenbereich Liebe und Einsamkeit im Alter. „Meiner Meinung nach hat sie sehr viel Witz“, sagt Ralf Dreis. Und sie vermittelt darin ein „anderes Griechenland“, das dem Touristen in der Regel verborgen bleibt.
- Die von Ralf Dreis übersetzten Erzählungen „Beruf: Hure“ und der Roman "Meine Frau, die Schlampe" sind in der Büchergilde Gutenberg am Bismarckring erhältlich.
Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen