Dienstag, 9. Oktober 2007

„Tangerine Dream“ mit "One Night in Space“ in der Alten Oper

Die müssen ein eigenes Kraftwerk mitgebracht haben. Oder einen Sonderpreis für die Stromversorgung mit der Alten Oper vereinbart haben. Dieser Gedanke drängt sich unmittelbar auf, wenn man das Aufgebot an technischem Gerät sieht, das sich auf der Bühne auftürmt. „Tangerine Dream“ gab sich die Ehre, einen der wenigen Live-Auftritte in Frankfurts Guter Stube zu zelebrieren. Und mit zelebrieren ist auch wirklich das genüssliche Abfeiern technisch wie musikalisch ausgereifter Finessen gemeint. Was das Quintett um Keyboard-Altmeister Edgar Froese zusammengezaubert hat, liegt fernab jeder Vergleichbarkeit.

Der Synthesizer-Boom ist längst abgeebbt, doch „Tangerine Dream“ hatte noch nie Probleme damit, sich rein gar nicht um die aktuellen Trends zu scheren. Und so dröhnen bis zu drei Keyboards von Froese, Thorsten Quäschning und Bernhard Beibl durch die Halle, begleitet von mondänen Perkussions-Arrangements aus den flinken Händen von Iris Camaa, dazu schneidende oder einschmeichelnde Soli, je nachdem, wie es gebraucht wird, von Linda Spa.

Es lässt sich oft nicht sagen, wie die Kommunikation untereinander bewerkstelligt wird, welcher Klang gerade von wem erzeugt wird, oder etwa wo der zusätzliche Rhythmus herkommt, der eindeutig nicht von Iris Camaa stammt. Doch dieses Versteckspiel vor dem Publikum stört den musikalischen Eindruck ganz und gar nicht. Beste optische Ergänzung erhält der akustische Festschmaus durch Aufnahmen aus dem All. Da sind technische Details zu sehen, Nahaufnahmen eines Starts, Planeten in unterschiedlicher Konstellation und Größe. Ein ganzer Kosmos, der das musikalische Universum von „Tangerine Dream“ passgenau ergänzt.

Wenn sich die Musiker laut Presseinfo als „Botschafter einer weltoffenen, grenzenlosen Musik“ bezeichnen, dann ist das hoch gegriffen, doch keinesfalls abwegig. Die musikalischen Einflüsse, die hier im elektronischen Schmelztiegel landen, kennen tatsächlich keine Trennlinien mehr. Die verschwimmen oder sind von vorne herein gar nicht mehr wahrnehmbar. Deshalb ist die Einordnung nach wie vor schwer. Elektro-Pop ist das nicht, dafür steckt zu viel Experiment dahinter, doch für neutönende Avantgarde ist das alles zu gut verträglich. Also kein Etikett, einfach „Tangerine Dream“.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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