Montag, 10. September 2007

Django Asül & Gäste und Rebecca Carrington beim 3sat-Festival

Wer wird hier eigentlich integriert? Die Frage stellt sich immer dann, wenn einer der vier Herren die Bühne betritt. So unterschiedlich ihr Habitus, ihr Humor und ihr Programm auch sind, sie spielen alle mit einem weit verbreiteten Missverständnis. Denn der Schein trügt immer öfter. So muss ein südländisch wirkender Mann in eindeutiger Pose nicht unbedingt im gebrochenen Deutsch vor sich hin radebrechen. Im Gegenteil, so mancher bringt gar einen bayerischen oder Mannheimer Dialekt mit. Beim 3sat-Festival gab es nun einen Ausschnitt aus vier Programmen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können und doch diesem Roten Faden folgen.

Bekanntestes Mitglied des zusammengewürfelten Quartetts ist sicherlich Django Asül, dessen Auftritte eine Zeitlang die Bildschirme füllten. Er gehört zu den Pionieren jener türkisch-stämmigen Generation, die es geschafft haben, mit den Klischees über den eigenen kulturellen Hintergrund humorvoll aufzuräumen, ohne dass es belehrend wirkt. Im Anzug steht er am Rednerpult und trägt kabarettistische Scharfzüngigkeiten vor. „Wir sind immerhin schon wesentlich länger im Land als die Frau Bundeskanzlerin“, erwähnt er etwa in Anbetracht des Jubiläums „40 Jahre Gastarbeiter in Deutschland“. Und zum Zuwanderungsgesetzt: „Gleichbehandlung heißt, das es nicht nur der Ausländer schwer hat.“

„Ich bin Moslem“, ruft Faith Cevikkollu ins Publikum und erntet Schweigen. Das ist geplant, denn dass viele Menschen mit der weltweit über eine Milliarde Mitglieder zählende Religionsgemeinschaft mit Terroristen gleichsetzen, ist ihm wohlbekannt. Ihm ist es zu verdanken, dass einmal mehr die Absurditäten des „Gesinnungstests“ für Einwanderer aufgewärmt werden. Murat Topal aus Neukölln ist Türke und Polizist gleichzeitig – „das geht mittlerweile“ und Bülent Ceylan heizt die Stimmung schließlich mit einer Mischung aus türkischem Poser-Tanz und Schuhplattler auf. Ausweisung muss er dafür nicht fürchten: „Ich habe einen deutschen Pass – muss also hier bleiben“, bekennt er.

Den zweiten Teil des Doppelabends gestaltete die Cellistin Rebecca Carrington gemeinsam mit Cello Joe und Lebensgefährten Colin Griffith-Brown. Mit ernstem Gesicht und klassischem Solo steigt sie in ihr Programm ein, um unmittelbar abzubrechen und eine musikalische Weltreise zu unternehmen. Sie spielt Bach wie Popmusik und rappt zur Kleinen Nachtmusik. Auf ihrem Trip überzeugt sie dogmatische Volksmusiker aus Schottland, Japan oder Spanien, dass sie die landestypischen Töne auch aus ihrem Cello heraus bekommt. Dann wirbelt sie Joe umher und beginnt mit stolzer spanischer Folklore mit rasanten Pizzikati. Den Klassiker „Amazing Grace“ spielt sie ausschließlich im Flageolett, die scharfen bulgarischen Harmonien setzt sie ebenso selbstverständlich um wie indische „Bollywood“-Musik.

Ausstrahlungen in 3sat
Django Asül und Gäste am 15.9. um 21 Uhr
Rebecca Carrington am 22.9. um 21 Uhr

Veröffentlicht in der Allgemeinen Zeitung Mainz

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