Mittwoch, 2. August 2006

Gespräch mit dem Blockflötisten Maurice Steger

Was alle können, kann eigentlich nichts besonderes sein, oder? Und wer hat nicht schon einmal in eine Blockflöte geblasen und den einen oder anderen Ton herausgequietscht. Vielleicht liegt es auch daran, dass hessische Schulen ihre Fünftklässer kollektiv ans Holz (oder viel schlimmer: ans Plastik) lassen, um ihnen die Flötentöne beizubringen. Nur wenige werden in dieser Phase den Wunsch verspüren, einmal zum professionellen Blockflötenspieler heran zu reifen.
Maurice Steger hat es in diesem Segment international ganz nach vorne geschafft. Gerade ist eine viel beachtete CD mit Telemann-Stücken erschienen, die der gebürtige Schweizer mit der renommierten Akademie für Alte Musik Berlin aufgenommen hat. „Ich denke, dass bei ihm viele interessante Aspekte zusammenkommen“, begründet der Musiker sein Interesse an dem Komponisten, der viel für die Blockflöte geschrieben hat. „Immerhin kein zentrales Instrument“, gibt auch er unumwunden zu. „Telemann ist mit allen Wassern gewaschen“, zeigt sich Steger begeistert. Er habe ganz viele verschiedene Stile und Richtungen entworfen, aber nie etwas nachgemacht, schwärmt er und findet: „Er ist einer der initiativsten Barockkomponisten überhaupt!“

Damit will er auch eine Lanze für einen Komponisten brechen, der seiner Meinung nach hierzulande viel zu gering geschätzt wird. „Gerade die a-Moll-Suite ist großartig, sie lässt dem Interpreten viele Möglichkeiten, das Werk zu beleuchten – das hat man selten“, hebt er die Fähigkeiten des Komponisten hervor. Das knapp halbstündige Werk sei nie oberflächlich und immer bis ins Detail durchdacht. „Eine ergiebige Aufgabe“, urteilt der Flötist.
Steger ist auf Umwegen zu der Blockflöte gekommen. Im Alter von elf Jahren hat er mit Klavier und Querflöte angefangen, fühlte sich dann aber bald von der Idee der Blockflöte angesprochen. „Es hat ja auch was läppisches: man bläst rein und es kommt was raus“, lacht er. „Und aus diesem trivialen Instrument einen schönen Klang herauszuholen, darin habe ich eine große Herausforderung gesehen.“ Ähnlich wie die Stimme ist auch das, was aus dem Rohr herauskommt, sehr unmittelbar. „Irgendwann habe ich dann versucht, die Grenzen des Instrumentes ausloten zu wollen und herauszufinden, was man da wirklich mit tun kann“, erinnert er sich. Die Faszination ist bis heute geblieben: „Wenn ich Blockflöte im Radio höre, muss ich einfach zuhören.“

Auch auf das Publikum, so ist er überzeugt, haben Blockflöten-Konzerte immer eine ganz besondere Wirkung – gerade weil viele dieses kindliche Bild im Hinterkopf haben und dann positiv überrascht werden.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

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