Sonntag, 20. August 2006

Musica Antiqua Köln beim Rheingau Musik Festival

„Bedeutende Musikwerke europäischer Fürstenhöfe“ sollten sie „in den kommenden Jahren“ im Rheingau aufführen. So freute sich das Rheingau Musik Festival noch in seiner Programmvorschau Anfang des Jahres. Dafür war Musica Antiqua Köln sogar eigens als „Ensemble in Residence“ ausgerufen worden. Doch schon die zweite Saison wird die letzte sein. Die Originalklang-Experten um Reinhard Goebel lösen sich, wie bereits berichtet, zum Ende des Jahres auf. Damit geht eine über 30-jährige Erfolgsgeschichte zu Ende, die Goebel zu den wichtigsten Protagonisten der Szene hat werden lassen.

Im Rheingau ist dieser Abschied einer auf Raten. Denn bereits zum dritten Mal in Folge hat sich Goebel kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen. Und so stand das Ensemble in Kloster Eberbach nun ohne seinen Primgeiger und musikalischen Leiter auf der Bühne. Seine Stelle am Dirigentenpult hatte der Tenor Max Ciolek übernommen, der auch für die Einstudierung des VokalEnsembles Köln verantwortlich war. Eine Dreifachbelastung – er agierte zudem als Solist –, die dem Konzert nicht gerade zuträglich war.

Ciolek mühte sich redlich und seine Leistung in Sachen Einsatz und Durchhaltevermögen ist durchaus bewundernswert. Doch hätte das Konzert auch vom ersten Pult aus geleitet werden können und wäre damit vermutlich deutlich organischer ausgefallen. Zu offensichtlich waren mitunter die unterschiedlichen Tempovorstellungen, bei denen sich Ciolek regelmäßig der Musica Antiqua Köln anpassen musste.

Herausragende Einzelleistungen der Solisten und die gelassene Präsenz zweier routinierter Ensembles waren es schließlich, die das Konzert dennoch zu einem angenehmen Gesamteindruck führten. Im Programm wurden zwei Trauermusiken aus dem Umfeld des Dresdner Hofs zu Zeiten Augusts des Starken neben einander gestellt. Jan Dismas Zelenka schrieb sein Officium Defunctorum zu Augusts Tod und zeichnete darin eine grundsätzlich düstere Klangwelt. Auch die Textvorlage erzählt vor allem von Verfall, Sünde und Schuld. Deutlich optimistischer klingt da das „Oratorio funebre all’ occasione della morte di Maria Giuseppa Regina di Poloni“ für Augusts Frau, das allerdings vermutlich nie aufgeführt worden ist. Da steht am Ende des Zwiegesprächs von „Glorie“ und „Genie“ das Gute, das dem Unglück folgt.

Hier, wie auch schon bei Zelenka, gefiel der warm timbrierte Alt von Elisabeth Wilke, die ihrer Stimme zudem immer das notwendige Maß an Dramatik zu verleihen wusste. Tenor Max Ciolek verfügt zwar über einen klaren Ansatz, wirkte aber streckenweise merkwürdig unfrei. Strahlend hell erklang Celine Scheens Sopran im Officium, was in einem interessanten Kontrast zum verzweifelten Text „Verschone mich Herr, denn meine Tage sind so gut wie nichts“ stand. Passend hingegen die kernige große Stimme von Raimund Nolte (Bariton). Chor und Orchester erwiesen sich einmal mehr als präzise agierende Klangkörper, bei denen klangliche Homogenität und differenzierte Detailsuche keine Gegensätze sind.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

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