Montag, 31. Juli 2006

Mainzer Bachchor mit Händels "Jephta"

Das Außergewöhnliche ist beim Mainzer Bachchor meist Programm. Ohne diese Eigenschaft zum Selbstzweck verkommen zu lassen, hat sich das Ensemble über die Stadtgrenzen hinaus den Ruf erworben, nicht nur bei der Wahl des Repertoires, sondern auch in der interpretatorischen Gestaltung eigene Wege zu gehen. Georg Friedrich Händels Oratorium „Jephta“ ist dafür ein neues Beispiel.

Das Werk trägt Merkmale zeitgeschichtlicher Wandlungen von Sichtweisen in sich, die es umzusetzen und aufzubereiten gilt. Die dramatische Grundlage geht auf einen biblischen Bericht im Buch der Richter zurück. Darin wird Jephta verstoßen und muss aus Israel fliehen. In der Fremde erntet er kriegerischen Ruhm und wird später in einer akuten Bedrohungssituation zurück in die Heimat gerufen.„Gibst du die Ammoniter in meine Hand, so soll, was mir aus meiner Haustür entgegen geht dem Herrn gehören und ich will’s als Brandopfer darbringen.“ – so sein verhängnisvoller Schwur. Nach gewonnener Schlacht tritt ihm jedoch seine Tochter als erstes entgegen. In der biblischen Vorlage wird sie geopfert. Schon zu Händels Zeiten, im 18. Jahrhundert, sollte das Drama gut ausgehen. So griff man auf ein Stück von George Buchanan zurück.

In der Mainzer Christuskirche gelang es dem Bachchor unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann ein packendes und schlüssig interpretiertes Werk aufzuführen. Rademann war in letzter Minute für Ralf Otto eingesprungen, der wegen einer schweren Erkrankung absagen musste. Der versierte Chorleiter, der seit fünf Jahren als Professor in Dresden lehrt, war jedoch alles andere als bloßer Ersatz. Mit tiefem Werkverständnis leitete er die Ensembles engagiert und zielorientiert an. Mal tupfte er bloße Andeutungen in die Luft, mal zeigte er schwungvolle Linien an.

Der Chor reagierte mit angenehm ausgewogenem Klang und ökonomischer Weitsicht, beherzt und verantwortungsbewusst spielte das Instrumentalensemble L’arpa festante München auf historischen Instrumenten. Unter den Solisten empfahl sich insbesondere die Sopranistin Nicole Tamburro (Iphis). Sie vereinte in ihrer Rolle sanfte Schlichtheit und bemerkenswerte Virtuosität in einem weiten charakteristischen Spektrum. Ihre Mutte Storé übernahm die Altistin Gerhild Romberger mit souveränem Gestaltungswillen und warmem Timbre. Als Jephta konnte Andreas Post (Tenor) in den emotionsgeladenen Arien überzeugen, Yorck Felix Speer (Jephtas Halbbruder Zebul) steuerte mit üppigem, aber kultiviertem Bass einen effektvollen klangfarblichen Gegenpart bei. Der Kontratenor Patrick van Goethem (Hamor) und die Sopranistin Nicole Hänsel (Engel) komplettierten das Solisten-Ensemble sicher.

Veröffentlicht im Main-Echo

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