Mittwoch, 7. November 2007

Frühe Mozart-Opern am Staatstheater Darmstadt

John Dew inszeniert am Staatstheater Darmstadt die beiden ersten Musiktheater von Wolfgang Amadeus Mozart.

Früh übt sich, das ist so eine Binsenweisheit, die manchmal aufs Erstaunlichste belegt wird. Etwa bei Wunderkindern, so auch bei dem Prototyp dieser Spezies, Wolfgang Amadeus Mozart. Während seine Altersgenossen noch recht unbekümmert ihre Kindheit genossen, schrieb er Musik und wurde von seinem Vater stolz an europäischen Adelshöfen herumgezeigt. Bereits als Elfjähriger befasste er sich mit einer der schwierigsten musikalischen Gattungen, der Oper. Am Staatstheater Darmstadt wurden nun seine ersten Musiktheaterwerke aufgeführt. Dabei handelte es sich um Inszenierungen, die Intendant John Dew bereits für die Salzburger Festspiele eingerichtet hatte.

„Apollo et Hyacinthus“ ist ein „lateinisches Intermedium“, das sich um den Gott Apoll dreht. Der Gott möchte die Sterbliche Melia heiraten, doch als sie erfährt, dass der ihren Bruder Hyacinthus getötet haben soll, wendet sie sich von ihm ab. Später kommt heraus, dass der wahre Schuldige ein Neider des Hyacinthus ist, Apoll verwandelt den Ermordeten in eine Blume und wirbt erneut um Melia. John Dew hat für seine Inszenierung den Griff in die Historie gewählt. Die Personen werden zu Marionetten mit einem übersichtlichen Repertoire an stilisierten und pointierten Bühnen-Gesten. José-Manuel Vázquez hat sie dazu in prächtige Rokoko-Kostüme gesteckt und Heinz Balthes liefert ein üppig gemaltes Bühnenbild.

Die faszinierende Wirkung entsteht durch den unverstellten Blickwinkel, den Dew anbietet. Denn bei seiner Inszenierung handelt es sich nicht um den Versuch, eine mögliche Aufführung aus dem 18. Jahrhundert zu kopieren. Er liefert lediglich das Angebot einer Zeitreise, die ihm gemeinsam mit dem ausgezeichnet mitspielenden Ensemble gelingt. Aki Hashimoto erreicht als Melia fantastische Höhen und bietet mühelose Koloraturen, schlank und zugleich volltönend lässt sich Maximilian Kiener als König Oebalus, Hyacinthus’ Vater vernehmen.

Für den zweiten Teil des Abends hatte Dew Mozarts Beitrag zu dem geistlichen Singspiel „Die Schuldigkeit des Ersten Gebots“ ausgewählt. Die beiden anderen Teile stammen von Michael Haydn und Anton Adlgasser und sind nicht erhalten. Hier wird es erstaunlich rasant, denn die Inszenierung macht sich augenzwinkernd über den Moralisten, den „Christgeist“ lustig, der auf linkische Art versucht, einen Menschen auf dem rechten Pfad zu halten, auch wenn ihn der „Weltgeist“ mit allerlei Verlockungen davon abbringen möchte. Weil die beiden Werke auf den ersten Blick nicht zueinander zu passen scheinen, wird der Bruch umso unmittelbarer erlebt. Das verbindende Element ist die beeindruckend ausgereifte Musik eines Elfjährigen. Das Orchester des Staatstheaters kann unter der Leitung von Martin Lukas Meister die Atmosphäre der verschiedenen Momente vortrefflich ausloten und wiedergeben.

Veröffentlicht u.a. in der Frankfurter Neuen Presse

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