Samstag, 1. November 2008

Mit Jules Massenets Oper „Manon“ liefert Tatjana Gürbaca ihre dritte erfolgreiche Produktion am Staatstheater Mainz ab.

Sie gehört zu den meist gespielten französischen Opern weltweit, auf deutschen Bühnen ist sie dennoch nicht allzu oft zu erleben. Jules Massenet stolperte über den Stoff zu seiner Oper „Manon“ zufällig in der Bibliothek seines Librettisten Henri Meilhac. Als der das Interesse des Komponisten bemerkte, überreichte er ihm nur zwei Tage später die ersten zwei Akte der künftigen Oper. Die Uraufführung am 19. Januar 1884 in der Pariser Opéra-Comique wurde ein voller Erfolg. Auch die Mainzer Inszenierung von Tatjana Gürbaca kann als rundum gelungen betrachtet werden.

Ihr gelingt es, die in der Musik Massenets immer wieder skizzierte zerrüttete Gesellschaft, die sich so gern als elegant und charmant präsentiert, bloß zu stellen. Ihren Höhepunkt erreicht deren morbide Dekadenz, als die Regisseurin die Glücksspiel-Szene im vierten Akt als Russisches Roulette inszeniert. Mit der Leiche eines Verlierers wird dann ausgelassen getanzt. Irgendwie wirkt eine solche Szene nicht einmal besonders verstörend, sie reiht sich als Konsequenz recht unauffällig in die Geschichte ein.

Auch der permanente Sinneswandel der Titelfigur kommt kontrastreich zum Ausdruck. Aus dem Mauerblümchen wird eine gefeierte Kurtisane, die sich mit vorgeschobener Langeweile und aufgesetztem Luxusbedürfnis bestens in die Party-Gesellschaft eingefunden hat. Dennoch geht ihr der Verrat an ihrem nach wie vor geliebten Des Grieux nahe und sie gewinnt den Verlassenen, der kurz davor steht, die Priesterweihe zu empfangen zurück – nur, um wieder mit ihm zu spielen.

Das emotionale Auf und Ab wird von Ana Durlovski lebensnah verkörpert. Stimmlich kann sie bewährtermaßen mit brillanten Höhen überzeugen. Ihr zur Seite steht Sergio Blasquez in der Rolle des Chevalier Des Grieux. Der intensive und strahlende Tenor hat mittlerweile ein hohes Maß an spielerischer Beweglichkeit erlangt, so dass er den hin- und hergerissenen Liebhaber mühelos darstellt. Als Manons Cousin Lescaut ist der souveräne Patrick Pobeschin besetzt worden, dessen herausragenden musikalischen und überaus gewandten spielerischen Leistungen im Ensemble noch deutlich umfangreicher abgefragt werden sollten. Am Pult des Philharmonischen Staatsorchesters steht Kapellmeister Thomas Dorsch, der den Klangkörper die Stimmungs-Umschwünge auf der Bühne bestechend präzise und atmosphärisch ausmalen lässt. Zudem mischt sich der von Sebastian Hernandez-Laverny einstudierte Chor engagiert in das Geschehen ein.

Weitere Aufführungen am 3. und 21. November, 5. Dezember und in 2009

Vorverkauf: 06131/2851-222 oder www.staatstheater-mainz.de


Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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