Donnerstag, 27. November 2008

Antisemitismus-Ausstellung in Mainz eröffnet

Aktuelle Formen des Antisemitismus werden nicht nur durch pöbelnde Skinhead-Banden repräsentiert. 70 Jahre nach der Reichspogromnacht haben Anhänger judenfeindlicher Theorien unterschiedlicher Spielarten weltweit ihre Anhänger. Im Mainzer Rathaus wurde nun die Ausstellung „Antisemitismus? Antizionismus? Israelkritik?“ eröffnet. Die Tafeln wurden bereits unter anderem in Berlin, Hamburg und Dresden gezeigt und sind für eine europaweite Präsentation hergerichtet worden. Das Konzept stammt von der Holocaust-Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Jerusalem und dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin.

Dass die Ausstellung in Mainz zu sehen ist, geht auf eine Einladung der Landeszentrale für politische Bildung zurück. Wenige Tage nach der Grundsteinlegung für eine neue Synagoge macht sie deutlich, dass das Thema in Mainz nach wie vor von Bedeutung ist. Der frühere Mainzer Sozialdezernent Michael Ebeling, heute Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur begrüßte die Gäste zu Beginn mit eindringlichen Worten. „Wir müssen auch den gegenwärtigen Antisemitismus ernst nehmen“, unterstrich er. Dabei müsse auch hinterfragt werden, warum er heute zunehmend wieder gesellschaftsfähig werden kann. „Der Blick nach vorne kann niemals ohne den Blick in die Vergangenheit gelingen“, ist er überzeugt.

„Wir brauchen eine aktive Erinnerungsarbeit“, sagte er und hob die Aktivitäten der Landeszentrale hervor. Die Ausstellung gebe den Bürgern „die Möglichkeit, sich an solchen Themen zu reiben“. Dr. Dieter Schiffmann von der Landeszentrale ist überzeugt, dass der Antisemitismus noch „subkurtan virulent“ sei. Gleichzeitig, so machte er deutlich, müsse es legitime Formen der kritischen Auseinandersetzung mit Aspekten der israelischen Politik geben dürfen.

Prof. Wolfgang Benz , Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung, bezeichnete den Antisemitismus als das „älteste kulturelle, politische, soziale und religiöse Vorurteil der Welt“ und skizzierte in seiner Einführung vier Grundphänomene. Der christliche Anti-Judaismus habe vom Mittelalter bis in die Neuzeit existiert, spiele aber heute in Deutschland nur noch eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommen ein antropologisch, sozial-darwinistisch hergeleiteter Rassenhass sowie eine Judenfeindschaft nach dem Holocaust, der aus Scham und Schuldabwehr resultiere. Dieser „sekundäre Antisemitismus“ sei unter anderem für die Schluss-Strich-Rufe verantwortlich. Als viertes Phänomen nannte er den Antizionismus.

Die Ausstellung wird bis zum 20. Dezember im Foyer des Rathauses gezeigt.
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr, Samstag 9 bis 14 Uhr.
Der Eintritt ist frei.


Veröffentlicht in der Mainzer Allgemeinen Zeitung

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