Sonntag, 10. August 2008

Hille Perl am Hof des Sonnenkönigs

Es gibt Namen, die erwecken allein durch ihre Nennung bereits große Erwartungen. Zu diesem Personenkreis gehört ganz unzweifelhaft auch Hille Perl. Der aus Bremen stammende Musikerin ist es gelungen, sich eine Position zu erarbeiten, um die sie so mancher ihrer Kollegen sicherlich beneidet. Hille Perl gilt als Inbegriff für die gleichermaßen authentische wie zeitgemäße Vermittlung Alter Musik auf historischen Instrumenten. Seit Jahrzehnten bereits ist sie eine der prägenden Protagonisten der Szene. Zudem ist es ihr zu einem großen Teil zu verdanken, dass dieses Genre heute eine große Popularität weit über die eng gezogenen Expertenkreise hinaus genießt.


Gemeinsam mit dem Saitenspezialisten Lee Santana hat die Gambistin bereits seit Beginn der 1980er Jahre zahlreiche außergewöhnliche Programme zusammengestellt und so manches Werk aus der jahrhundertelangen Vergessenheit heraus gerissen. Nun waren die beiden gemeinsam mit dem Gitarristen Steve Player beim Mainzer Musiksommer eingeladen. Für die drei Musiker eher ungewöhnlich war wohl der Rahmen. In der Villa Musica entsteht schnell eine intime Atmosphäre, die wenigen Plätze waren auch schon lange vor Beginn des Festivals ausverkauft.


Neben dem großen Vorteil, ganz besonders nahe an den Künstlern zu sein, hat dieser Umstand allerdings auch so seine negativen Aspekte – auch wenn sie eher profaner Natur sind. So konnte, aus Furcht vor Störgeräuschen bei der Aufzeichnung durch den SWR, trotz der rasch eintretenden stickigen Hitze kein Fenster geöffnet werden. Ein Zugeständnis, das die hier so geforderte Konzentration des Zuhörers manchmal merklich in Mitleidenschaft zog.


Nichtsdestotrotz konnten Hille Perl und „los Otros“, was soviel wie „die Anderen“ bedeutet, ihren Ruf einmal mehr untermauern. Diesmal erklang Musik aus den Gemächern von Louis XIV, jenem Sonnenkönig Frankreichs, der zwischen 1643 und 1715 in einer Weise regierte, die als Höhepunkt des Absolutismus gilt. Mit der Losung „Der Staat bin ich“ legte er seinen unteilbaren Herrschaftsanspruch fest. Zugleich aber regte seine luxuriöse Lebensweise ein reiches kulturelles Leben an. Viele Komponisten, die heute nicht mehr bekannt sind, wurden durch seine Gunst reich und berühmt.


Aus diesem Fundus hat das Trio eine ausgesprochen vielfarbige und darüber hinaus spannende Mischung zusammen gestellt. Allein in der „Suite du troisème livre de pièces de viole“ von Marin Marais kommt die musikalische Bandbreite einer ganzen Epoche zum Tragen. Den mitunter leidenschaftlichen, dann wieder sorgsam analytischen Interpretationen des Trios verdankten die Zuschauer schließlich einen aufschlussreichen Konzertabend.


Veröffentlicht in der Mainzer Allgemeinen Zeitung
Foto: www.hillenet.net

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