Freitag, 8. August 2008

Bad Hersfeld zeigt in dieser Spielzeit "La Traviata" und "Hänsel und Gretel"

Auch wer die Oper nicht gerade zu seinen bevorzugten Hobbys zählt, gibt es doch das eine oder andere Exemplar, das ihm zumindest dem Namen nach bekannt ist. Bei Giuseppe Verdis „La Traviata“ hat sich zudem die Fernsehwerbung derart freizügig bedient, dass auch der Erstbesucher so manchen Takt munter mitsummen kann. In Bad Hersfeld hat Oper Tradition und erneut haben sich die Festspiel-Ausrichter zwei Publikumslieblinge vorgenommen.


Am ersten Abend also große italienische Oper. Wie enttäuschend ist es dann aber, zu erleben, wie die Protagonisten versuchen, große Gefühle in holprigem, prosaisch anmutendem Deutsch zu transportieren. Opernübersetzungen, die Erkenntnis hat sich eigentlich seit geraumer Zeit durchgesetzt, schaden dem Stück mehr als sie dem Verständnis dienen. Zumal in einem Betrieb, der ohnehin international ausgerichtet ist. Und wenn man die drei Hauptpartien mit koreanischen Künstlern besetzt, kann man ohnehin nicht mit Textverständlichkeit argumentieren. Vielleicht lohnt sich zukünftig die Investition in eine Übertitelungs-Anlage.


Die Bühne teilen sich ausschließlich junge Sängerinnen und Sänger am Anfang ihrer Karriere und mit schmaler Repertoire-Erfahrung. Erfrischend wirkt das bei Su-Youn Kang, der Violetta des Abends. Für sie ist es die erste große Rolle außerhalb des Hochschulbetriebs und sie nimmt sich ihrer Partie mit einem erstaunlich hohem Maß an Überlegtheit und Reife an. Sie verfügt über eine angenehm leichte Stimme, die sicherlich noch wachsen kann. Schon jetzt aber hat die junge Sängerin sowohl die musikalische Tiefe als auch die klangliche Vielseitigkeit zu bieten, die hier notwendig ist. Sehr lebendig gestaltet sie ihr Duett mit Giorgio (solide: Young-Wook Kim), der sie bedrängt, von seinem Sohn Alfredo abzulassen. Authentisch vermittelt sie da den Schmerz um den drohenden Verlust. Im letzten Akt entfaltet sie ihre darstellerischen Qualitäten vollständig, wenn sie Leid und Zerbrechlichkeit ohne falsches Pathos vermittelt.


Byoung-Nam Hwang gelingt es hingegen noch nicht ganz so überzeugend, sich die Partie des Alfredo anzueignen. Zu sehr ist er noch damit beschäftigt, alle ganze Kraft in seine Stimme zu stecken. Das wirkt mitunter angestrengt, wenngleich er immer wieder klangliche Glanzmomente liefern kann. Das Dvorak-Sinfonieorchester Prag vermittelt in der Stiftsruine unter Leitung von Siegfried Heinrich souverän die sich entwickelnde Atmosphäre, der Chor trägt wesentlich zum gelungen Gesamtbild bei. Dieter Reuscher hat eine recht farblose Inszenierung hingelegt. Für eine konsequent spartanische Einrichtung, die hier sicherlich angemessen ist, wirkt das Bühnenbild mit ein paar Korbmöbeln und zwei wackeligen Spiegel-Stelen einfach zu beliebig.


Mit Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ kommt ein weiteres populäres Stück auf die Bühne. Hugo Wieg ist es deutlich besser geglückt, mit wenigen Mitteln eine ansprechende Produktion zu gestalten. Das musikalische Märchen wird zwischen beweglichen Wald-Elementen, Knusperhäuschen und der ärmlichen Behausung der Besenbinderfamilie erzählt. Die Geschwister Hänsel (Merit Ostermann) und Gretel (Julia Caroline Küsswetter) sind muntere Kinder mit einer Menge Flausen im Kopf. Beide gestalten ihre Rolle unprätentiös und verspielt. Kernig und voll engagiertem Spielwitz ist Johannes Wollrab als Vater, etwas verhaltener Claudia Götting als Mutter zu erleben. Die Knusperhexe wird von Brigitte Schweizer verwegen dargestellt. Höhepunkte sind sicherlich der Auftritt der 14 Engel der Ballettschule Karin Harth sowie der abschließende Kinderchor des Bach-Hauses Bad Hersfeld. Dazu motiviert Ekkehard Klemm das Dvorak-Sinfonieorchester Prag auf beständigem Niveau zu einer farbenfrohen Begleitmusik.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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