Sonntag, 28. Mai 2006

Konzertante Aufführung von Amilcare Ponchiellis Oper „La Gioconda“ in Frankfurt

Christoph Loy hat sie 1995 in Bremen in Szene gesetzt, die Erfahrung und Kompetenz hätte die Oper also im Haus gehabt. Auch die entsprechenden Sänger mit ausreichend darstellerischer Routine konnten in der Alten Oper aufgefahren werden. Dennoch entschied sich die Frankfurter Oper zu einer konzertanten Aufführung von Ponchiellis einziger Oper, die heute noch öfter auf die Spielpläne findet.

Das Verwirrspiel voller Intrigen im Venedig des 17. Jahrhunderts geht von dem Inquisitions-Spitzel Barnaba (Zeljko Lucic) aus. Er ist in die Straßensängerin La Gioconda (Alessandra Rezza) verliebt, die sich zu dem deklassierten Prinzen Enzo (Johan Botha) hingezogen fühlt. Dieser kann sich nicht von der einstigen Geliebten Laura (Michaela Schuster) lösen, die mittlerweile mit Alvise (Magnus Baldvinsson), einem Protagonisten der Inquisition, verheiratet ist. Barnaba gelingt es, Enzo in eine Falle zu locken und ihn dann zu befreien - unter der Bedingung, dass sich Gioconda ihm hingibt. Die muss erleben, wie Laura und Alvise miteinander glücklich werden und sieht ihr Heil schließlich nur noch im Selbstmord.

Von all dieser Spannung und Dramatik geht in einer konzertanten Aufführung einiges verloren, dennoch ist es dem großartig disponierten Ensemble gelungen, ein wenig von der Atmosphäre der Handlung zu transportieren. Im wesentlichen war das der Sopranistin Alessandra Rezza zu verdanken, die in letzter Minute für Paoletta Marrocu eingesprungen ist. Noch zwei Stunden zuvor war sie am Flughafen gelandet und gestaltete ihre Partie doch, als ob sie sich unter optimalen Bedingungen darauf vorbereitet hätte.

Faszinierend ihre ausdrucksstarke Mimik, der man die szenische Erfahrung mit dem Werk anmerkte. Ihre große Stimme, die manchmal gezielt scharf und schneidend werden kann, setzte sie ohne Anflug von Überanstrengung ein. Beeindruckende Technik und überaus verantwortungsvoller Umgang mit diesem in seltener Reinheit ausgeprägten Instrument ermöglichten ihr schlichtweg alles. Mühelos gelangen ihr große Intervallsprünge, ihre Erzählungen waren immer packend, außerdem ist sie mit einer bemerkenswerter Tiefe ausgestattet. Daneben etablierte sich Michaela Schuster (Mezzosopran) mit erfolgreichem Engagement, auch Elzbieta Ardam empfahl sich mit angenehm sattem, nie zu üppigem Alt in der Rolle der blinden Mutter Giocondas.

Unter den Männern stach Tenor Johan Botha hervor, der unter beständiger Spannung effektvolle Akzente setzte, Zeljko Lucic gab einen kernigen Barnaba, lediglich Magnus Baldvinsson blieb etwas farblos. Paolo Carignani spornte das Museumsorchester und die packend agierenden Chöre des Hauses zu Höchstleistungen an, die sich auch im begeisterten Schlussapplaus widerspiegelten.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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