Dienstag, 22. November 2005

Sebastian Weigle ist neuer Generalmusikdirektor in Frankfurt

Kurz und schmerzlos war's - bei einer Pressekonferenz in der Frankfurter Oper stellten Intendant Bernd Loebe und Oberbürgermeisterin Petra Roth den neuen GMD vor.


Ob die Opernkritiker in Barcelona ahnten, dass sie ihren Chefdirigenten nach Frankfurt verlieren könnten? Im Oktober noch wählten sie den aus Berlin stammenden Sebastian Weigle zum „besten musikalischen Leiter“ der vergangenen Spielzeit. Und das, obwohl er erst seit gut einem Jahr im Gran Teatre de Liceu am Pult steht. Aber vielleicht wussten sie ja schon mehr. Nämlich, dass die Städtischen Bühnen in Frankfurt bald reges Interesse entwickeln würden, den gerade mal 44-jährigen Dirigenten zum Nachfolger von Paolo Carignani an der Spitze des Museumsorchesters zu küren. Passen würde es. Carignani wollte seinen Vertrag, der noch bis zur Spielzeit 2007/2008 läuft, nicht mehr verlängern, Weigle hat sich bis 2008 in der katalonischen Metropole verpflichtet. In Frankfurt ist er spätestens vor drei Jahren aufgefallen, als er an der Oper die „Frau ohne Schatten“ in der Inszenierung von Christoph Nel dirigierte und damit bei Publikum und Fachpresse bleibenden Eindruck hinterließ.

Der Barenboim-Schüler Weigle kann auf einen international hervorragenden Ruf verweisen. Nach der künstlerischen Ausbildung an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin und war er neben seiner Tätigkeit als Solohornist an der Berliner Staatsoper „Unter den Linden“ zunächst künstlerischer Leiter des Neuen Berliner Kammerorchesters, gründete den Kammerchor Berlin und legte damit den Grundstein für hochdotierte Herausforderungen, die bald folgen sollten. Er stand vor fast allen wichtigen Berliner Klangkörpern, dirigierte das Rundfunkorchester des Bayerischen Rundfunks und das Bergen Philharmonic Orchestra. Mitte der 90er Jahre leitete er als Mittdreißiger die Geschicke des Landes-Jugendsinfonieorchesters in Brandenburg und erarbeitete sich zwischen 1997 und 2002 als Kapellmeister an der Berliner Staatsoper ein breites Bühnenrepertoire, das ihm wiederum Einladungen nach Dresden, Mannheim, Wien, New York und Sydney einbrachte. Vorläufiger Höhepunkt schien die Verpflichtung nach Barcelona – übrigens nachdem ihm sein Frankfurter Gastspiel den Titel „Dirigent des Jahres“ bei der Kritikerumfrage im Fachmagazin „Opernwelt“ eingebracht hatte.

„Weigle wäre eine hervorragende Wahl. Jedes Haus könnte sich glücklich schätzen, einen solchen Mann für sich zu gewinnen.", bemerkte der Frankfurter Opernintendant Bernd Loebe recht flott nach der Premiere von Tschaikowskys „Pique Dame“ Anfang des Monats, als sich Weigle wieder fulminant in Erinnerung gebracht hatte. Und ein Wunschkandidat des Orchesters sei er auch, wusste Loebe.

Nun bestätigte sich, was eigentlich schon alles wussten. Bei einer Pressekonferenz im Holzfoyer der Oper stellten Loebe und Oberbürgermeisterin Petra Roth in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzende der Städtischen Bühnen GmbH den GMD in spe vor. Er wird in seiner ersten Spielzeit 2008/2009 mit Rücksicht auf seine Verpflichtungen in Barcelona noch mit „nur“ 25 Vorstellungen und den Museumskonzerten starten, ab der darauffolgenden Saison dann aber zur vollen Verfügung stehen. Als erste eigene Produktion steht Aribert Reimanns „Lear“ an.

Der Kantoren-Sohn Weigle betonte, dass er sich auf die neue Aufgabe sehr freue und auch plane, ab 2008 seinen festen Wohnsitz in Frankfurt zu nehmen. Viel Lob hatte er für Orchester („neugierig und aufmerksam“) sowie für den Chor und das Ensemble („wunderbares Einvernehmen“) übrig, das ihm prompt von Seiten der zukünftigen Kollegen zurückschlug, die sich bei der Pressekonferenz zahlreich eingefunden hatten. Orchestervorstand und Kontrabassist Matthias Kuckuck formulierte es für alle: „Ich freue mich auf 2008 und auf Sebastian Weigle“.

Eerschienen in NEWS Frankfurt und im Main-Echo aus Aschaffenburg

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