So - war am Montag in Regensburg und habe dort zum ersten Mal das dortige Philharmonische Orchester konzertant erlebt. War positiv erstaunt! Doch lest selbst....:
Aus Richard Strauss und Henry Purcell können flugs einmal Grieg und Vivaldi werden, wenn ein neuer Generalmusikdirektor auftaucht. Das war dann aber auch schon der einzige gravierende Wermutstropfen, den das Publikum beim zweiten Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Regensburg im Neuhaussaal hinnehmen musste.Denn schon die mit viel feinsinniger Akuratesse eingerichtete Grieg-Suite im alten Stil "Aus Holbergs Zeit" zeigte, dass sich Raoul Grüneis ohne Weiteres mit seinem Orchester angefreundet hat. Mit bloßer Hand führte er seine Musiker und bescherte den Zuhörern einen enorm feinnervigen Einstieg in das Präludium, das von den hohen Streichern prickelnd angesetzt wurde. Elegant hauchten sie dieLegati ausrumpelnde Kontrabässe wiesen die Kontraste auf. Später wuchs das Streichorchester zu voluminöser Wucht heran und fand zu einem harmonischen samtigen Klang, der in der Sarabande emphatisch auf die Spitze getrieben wurde. Die populär tänzerische Gavotte gelang beschwingt und mit aparten Phrasierungen bestückt, auch wenn so manche Bindung etwas schummrig umgesetzt wurde. Den flüssigen Themenübergaben durch die Stimmen hindurch tat das jedoch keinerlei Abbruch. Ein wenig rauh ließ Konzertmeister Johannes Plewa seinen Solopart erklingen, was dem abschließenden Rigaudon allerdings eine interessante herbe Note verlieh.
Ein guter Einstieg insgesamt also in ein Konzert, das noch einiges zu bieten hatte. Und das mit einem Werk, das schon in seinem Entstehungsjahr 1884 anachronistisch erscheinen musste. Hatte Grieg seine Suite doch zum 200. Geburtstag des Dichters Ludvig Holberg, dem Schöpfer der damals neueren dänisch-norwegischen Literatur geschrieben. Eine Suite in diesem Stil war Ende des 19. Jahrhunderts völlig aus der Mode gekommen, Grieg umspielte diese Situation mit einer üppigen Polyphonie, die er durch die mehrfache Teilung nahezu aller Stimmen erzeugte.
Dennoch war er später alles andere als erfreut, dass ausgerechnet dieses aus seiner Sicht eher schlichtes Auftragswerk sich so vehement in den Konzertsälen festsetzte.
Vivaldis "Stabat mater" folgte auf die Tänze - ein etwas gewagter Nicht-Übergang, aber warum nicht. Mit Diana Schmid stellte sich in Regensburg eine junge Mezzosopranistin vor, die nach ihrer ersten Gesangsausbildung nun in der Klasse von Claudia Eder an der Mainzer Musikhochschule ihr Konzertexamen anstrebt und bereits bei einigen Aufführungen im Rhein-Main-Gebiet und bei internationalen Wettbewerben gezeigt hat, dass mit ihr zu rechnen ist. Jetzt präsentierte sie sich mit warmem, etwas dunkel gefärbtem Timbre in der Altpartie, das dem Werk ausgezeichnet steht. Kultiviert und doch tragend aussingend nahm sie Anteil an den Leiden der Schmerzensreichen, ohne zu gefühlig zu werden. Mit feinem Gespür für die notwendigen dynamischen und gestalterischen Nuancen agierte sie ausgesprochen beweglich und mit klarer Linienführung. Im Orchester könnte noch etwas mehr Sinn dafür entwickelt werden, sich bewusster und beherzter auf einen Solisten einzulassen.
Erschienen in der Telezeitung und dem Ostbayerischen Mediendienst
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