Sonntag, 6. April 2008

Wiederaufnahme von Alfred Kirchners "Zauberflöten"-Inszenierung an der Oper Frankfurt

Wer sich in die Hände von Alfred Kirchner begibt, bekommt auch mal ein farbenfrohes Märchen erzählt. Werke des Regisseurs, der im vergangenen Jahr 70 Jahre alt wurde, haben derzeit in Frankfurt Konjunktur. Nach „La Bohème“ wurde nun seine „Zauberflöte“ wieder aufgenommen. Orest Tichonov hat die szenische Leitung des bizarren Tamino-Traums übernommen, die vor zehn Jahren das erste Mal hier über die Bühne ging. Kirchner fährt dafür mitunter derart bizarres Personal auf, dass man den Eindruck bekommt, sie entstammten einem Fieberwahn. Dennoch wird es ein Märchen, mit all seinen faszinierenden Momenten. Riesige Insekten und andere seltsame Kreaturen beherrschen die Szenen, in denen das Ensemble mit viel Spielfreude agiert. Die Hauptpersonen, und hierin liegt ein weiterer Reiz, sind aber alles andere als überformte Gestalten. Sie sind präzise modelliert und werden klar geführt. Florian Plock gibt einen herrlich einfach gestrickten Papageno, Daniel Behle verleiht dem Tamino eine edle Haltung, die im Verlauf der Handlung zusätzlich an Kontur gewinnt. Musikalisch sind beide bestens gerüstet. Auch Julia Novikova gefällt als Königin der Nacht mit frei gesungenen Koloraturen und einem brillanten Timbre. Peter Marsh muss als Monostatos in Krähengestalt auftreten und beeindruckt dabei in seiner beängstigenden Wechselgestalt. Etwas hölzern wirkt dagegen Magnus Baldvinsson in der Rolle des Sarastro, doch darüber sieht man gerne hinweg, wenn man dafür seine erdige Tiefe in den Knochen spüren darf. Zsolt Hamar hinterlässt mit seinem Debüt am Pult des Museumsorchesters einen guten Eindruck, die Musiker können unter seiner Leitung eine wirkungsvolle Mischung aus gesunder Routine und zupackender Neugier entfalten.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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