Sonntag, 13. April 2008

Ideenloser "Fliegender Holländer" in Mannheim

Die Premiere von Richard Wagners „Fliegendem Holländer“ am Nationaltheater Mannheim stand von Anfang an unter keinem guten Stern. War zunächst der Darsteller des Erik ausgefallen, bekam der Holländer-Sänger Thomas Jesatko noch am Premierentag striktes Sing-Verbot von seinem Arzt verordnet. Kurzfristig sprang das frühere Mainzer Ensemble-Mitglied Karsten Mewes ein und sang die Partie von einer Seitenloge aus, während Jesatko den szenischen Part übernahm. Soviel zu den Umständen, die nun mal nicht besser in den Griff zu bekommen waren.

Mit Gregor Horres hat sich die Theaterleitung für einen Regisseur entschieden, der als Oberspielleiter in Bielefeld über eine große Repertoire-Erfahrung verfügt und zunehmend auch mit der Inszenierung zeitgenössischer Werke auffällt. Für Mannheims „Holländer“ aber schien es ihm am rechten Biss zu fehlen. Das, was schließlich auf der Bühne geschah, hinterließ vor allem Ratlosigkeit und Unzufriedenheit. Ideen und ein Konzept, die mutmaßlich dahinter steckten, übertrugen sich nicht auf das Publikum, das seinem Unmut am Ende deutlich Ausdruck verlieh.

Lange musste man rätseln, ob die Inszenierung überhaupt auf einem Schiff stattfindet. Zwei lange Stuhlreihen stehen sich gegenüber, auf denen nehmend abwechselnd der hervorragend auftretende Männer- oder Frauenchor Platz. Über allem schwebt ab und an ein Gitterkonstrukt, im Hintergrund dient ein Vorhang als Projektionsfläche für wechselnde Farbspiele. Manchmal schimmert eine gigantische Gerätschaft dahinter durch, die man durchaus als Schiffsschraube ansehen kann. Die Sänger sind in graue Overalls gesteckt worden, aus denen sie sich bisweilen herausschälen. Damit lassen Horres, Sandra Meurer (Bühne) und Yvonne Forster (Kostüme) Akteure und Publikum allein.

Dem Ensemble gelingt es nur manchmal, die gähnende Leere dieser Szenerie auf der riesigen Bühne zu überwinden. Vielleicht sollen sie es sogar garnicht, aber das lässt sich nicht schlüssig erkennen. Musikalisch setzt vor allem das Orchester unter seinem Generalmusikdirektor Friedemann Layer Maßstäbe. Mit bestechender Präzision schaffen die Musiker Atmosphäre, können die mystischen Momente der Oper bestens hervor rufen. Auch Chor und Extrachor setzen nachhaltig wirkende Akzente, die wendige Choreografie im letzten Auftritt stellt den einsamen optischen Genuss des Abends dar.

Durchwachsen hingegen das Ensemble. Karsten Mewes überzeugt in der gerade angenommenen Partie restlos, kann sich sogar von der Seite aus nahezu mühelos und markant gegen Ensemble und Orchester durchsetzen, ohne angestrengt zu wirken. Die Sopranistin Caroline Whisnant verleiht ihrer Senta kraftvoll Gestalt, wirkt mitunter etwas scharf, was der Partie nicht schlecht steht. Eine faszinierende Strahlkraft geht von Tenor Stefan Vinke in der Rolle des Erik aus, wofür er später auch kräftig gefeiert wird. Friedemann Kunder wirkt als Daland etwas starr, Charles Reid (Steuermann) und Martina Borst (Mary) bleiben farblos.


Im Auftrag der Mainzer Allgemeinen Zeitung

Keine Kommentare: