Montag, 3. März 2008

Singer Pur bei den Gallus-Konzerten in Flörsheim

Die Besetzung ist genau so ungewöhnlich wie das Repertoire. Drei Tenöre, ein Bariton und ein Bass singen gemeinsam mit einer Sopranistin A-Capelle-Werke des 16. Jahrhunderts und der unmittelbaren Gegenwart. Finden dabei sogar neben all den auffallenden Kontrasten noch Gemeinsamkeiten, die ein Konzert zu einer absolut runden Sache werden lassen. „Singer Pur“ ist Garant für vokale Qualität auf höchstem Niveau und steht gleichzeitig für zeitgemäße wie historisch seriös recherchierte Darbietungen. Dem außergewöhnlichen Sextett gelingen Kombinationen und musikalische Wege, die anderen erst gar nicht in den Sinn kommen würden. Mittlerweile schreiben Komponisten wie Wolfgang Riehm manche ihrer Werke speziell für „Singer Pur“.

Mit ihrem besonderen Repertoire und ihrer unverwechselbaren Interpretation haben sie sich mittlerweile ein großes Publikum gesichert, auch die Fachwelt ist regelmäßig von den CD-Einspielungen der Regensburger Domspatzen samt eingemeindeter Ostwestfälin begeistert. Stattliche zwölf Silberlinge sind in den vergangenen 17 Jahren entstanden, darunter haben es zwei zu Echo-Preisträgern gebracht. Den vokalen Ritterschlag erhielt die Gruppe spätestens durch die Zusammenarbeit mit dem szenebestimmenden Hilliard-Ensemble.

Für die Gallus-Konzerte stellte die Einladung von „Singer Pur“ eine echte Premiere dar. In den 28 Spielzeiten der Reihe war noch kein einziges A-Capella-Ensemble zu hören gewesen. Höchste Zeit also. Dass dabei gleich bei den führenden Gruppierungen gesucht und gefunden wurde, spricht für das kontinuierliche Qualitätsbewusstsein der Flörsheimer Kulturvermittler.

„Memento“ heißt die aktuelle Produktion von „Singer Pur“, die aus der Konzerterfahrung entstanden ist. Geistliche und musikalische Klammer ist die Messe „Quare tristis es“ (zu deutsch etwa: „Wie kannst Du noch trauern?“) des franko-flämischen Komponisten George de la Hele (1547-1586). Dazu gesellen sich Stücke aus dem 21. Jahrhundert, auch zwei der vor sieben Jahren entstandenen „Sieben Passionstexte“ von Riehm sind dabei. Wenn sich einzelne Stimmen von „Singer Pur“ erheben, andere wieder verklingen, ergibt das immer wieder ein perfektes Zusammenspiel, in dem sich eine große musikalische Reinheit wiederspiegelt.

Besonders fällt die schlanke Durchsichtigkeit auf, die das Ensemble in unterschiedlichen Abstufungen kultiviert hat. Jede einzelne Stimme ist dabei wahrnehmbar, ohne dabei isoliert zu wirken oder gar den klug ausgeloteten Gesamtklang infrage zu stellen. Unwirklich schwebende Charaktere wie dynamisch bewegliche Passagen werden immer wieder aufs Neue sorgfältig modelliert. Spannungsvolle harmonische Reibungen sind inbegriffen und das nicht nur in den zeitgenössischen Kompositionen. Claudia Reinhard, Klaus Wenk, Markus Zapp, Manuel Warwitz, Reiner Schneider-Wartenberg und Marcus Schmidl haben wieder einmal bewiesen, wie lebendig alte Musik sein und wie gut eine Reflexion an aktuellen Kompositionen funktionieren kann.


Veröffentlicht in der Main-Spitze

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