Montag, 18. Mai 2009

Ein Abend ohne aber für Joni Mitchell

Hinter der Bühne ist ein farbenfrohes Bild zu sehen, das zwar nicht direkt Kreise darstellt, aber durchaus mit runden Formen aufwartet, die einen zyklischen Gedanken nahe legen. Die Arbeit von Sabine Gustke ziert auch das Cover der noch rechtzeitig vor dem vergangenen Wochenende ausgelieferten CD von Annette Marquard, Kate Nelson und Tilmann Höhn. Die beiden Sängerinnen und der Gitarrist haben sich gemeinsam auf eine retrospektive Reise von Joni Mitchell begeben und dabei an ganz unterschiedlichen Stellen ihres musikalischen und privaten Lebens Station gemacht. Im intimen Rahmen des Spiegelsaals des Walhalla-Theaters wurden nun ganz verschiedene Stimmungen wieder gegeben, in die sich das zahlreich erschienene Publikum gerne mitnehmen ließ.

Mit ihrem warmen, kraftvollen Timbre hatte es Annette Marquard übernommen, das Titelstück zu interpretieren. Musikalisch tiefsinnig lotete sie die Feinheiten der Musik einfühlsam aus. Mit „River“ stellte Kate Nelson erstmals an diesem Abend ihre helle und unaufdringlich brillante Stimme mit der gleichen Empathie vor, die auch im späteren Verlauf in so einem spannungsvollen Kontrast zu der Stimmfarbe ihrer Kollegin stehen sollte. „Little Green“, so erfährt das Publikum, hat Joni Mitchell im Alter von 19 Jahren geschrieben, als sie ihr Tochter zur Adoption freigegeben hat. Kate Nelson brachte dieses ganz besondere Wiegenlied mit sanfter, leicht samtiger Färbung ganz nah an die Ohren des Publikums heran.

Mit „Night ride home“ gelang Annette Marquard schnell wieder der gebändigt rockige Ausstieg aus der voraus gegangenen Melancholie, nicht zuletzt dank Tilmann Höhns pointierter rhythmischer Gestaltung am Sechssaiter. Ohnehin erwies sich der Gitarrist an diesem Abend immer wieder als herausragender Instrumentalist, dessen Fingerfertigkeit mit einem hohen Maß an musikalischem Einfallsreichtum korrespondierte. Mit „Map of Canada“ konnte er auch solistisch überzeugen, verband technische Höchstleistungen mit eng verwobenen Klangflächen.

Dass sich die Stimmen der beiden Sängerinnen gegenseitig einiges zu sagen haben, fiel ganz besonders in „Chinese Coffee“ auf. Über den erdigen Ton von Annette Marquard legte sich Kate Nelsons geschmeidig hell-raue Note ohne jede unangenehme Reibung. Zudem gelang es den beiden Musikerinnen immer wieder während des Stückes die Rollen zu tauschen. Später zeigte sich, dass Annette Marquard durchaus zu einem sehr kernigen Klang kommen kann während Kate Nelson eine angenehm ins Metallische changierende Note einführte.

Schade, dass es nur einige der an diesem Abend aufgeführten Stücke auf die CD geschafft haben. Die Herangehensweise an die Titel aber beweist ein hohes Maß an musikalischer Eigenständigkeit der Interpreten. Die machen zwar aus ihrem hohen Respekt vor Joni Mitchell keinen Hehl, lassen sich dadurch aber nicht von ihrer persönlichen Deutung und Gestaltung abhalten.

Die CD „Circle Games“ kann derzeit zum Preis von 15 Euro über www.annettemarquard.de oder www.tilmannhoehn.de bestellt werden.

Veröffentlicht im Wiesbadener Tagblatt
Foto: wita/Uwe Stotz

Keine Kommentare: