Sonntag, 10. Mai 2009

Die australische „Co-Opera“ spielt an ungewöhnlichen Orten und gastiert mit Mozarts "Zauberflöte" bei den Internationalen Maifestspielen

Mit 18.000 Kilometern hält die „Co-Opera – Opera on the move“ wohl den ewigen Streckenrekord. So weit ist bislang kein Ensemble gereist, um an den Maifestspielen teilzunehmen. Doch das Konzept der „Outback-Oper“ besteht gerade in dieser Unstetigkeit. 15.000 Kilometer legt sie pro Spielzeit zurück, um in die hintersten Winkel Australiens vorzudringen. Mit drei Kleinbussen und einem Lastwagen zieht sie durch die unwirtlichsten Gegenden, um vor Farmern, Rinderzüchtern, Glücksrittern und Bergleuten aufzutreten.

Im Gepäck haben diese Musik-Pioniere nichts weniger als traditionelle Oper in behutsam zeitgenössischem Gewand. Da unterbricht die Handlung mal kurz für einen Popsong, mitunter mischen sich die Akteure auch unter ihr Publikum. Doch die eigentliche Oper wird dieser volkstümlichen Vermittlungsweise niemals geopfert. Durch die guten Kontakte zwischen dem Staatstheater und der australischen Opernszene, die bereits hervorragende Künstler nach Wiesbaden gebracht hat, konnte das hiesige Publikum jetzt eine Kostprobe dieses ungewöhnlichen Ensembles erhalten.

Selbstverständlich kann ein derart extravaganter Gast nicht ins Große Haus eingeladen werden, so wurde Mozarts „Zauberflöte“ im Kultur- und Kommunikationszentrum Schlachthof positioniert. Auch hierher waren neben den üblichen Opern-Fans zahlreiche Neugierige gekommen, die erleben wollten, wie der Ort, der ansonsten für Rock-Konzerte und Partys genutzt wird, zur Opernbühne wird.

Und das Experiment ging auf. Mit ungeheurer Spielfreude sind die Sänger auf der spartanisch mit einem Metallgerüst ausgestatteten Bühne zugange. Die Regisseurin Tessa Bremner verleget die Handlung in die Konkurrenzwelt des Gaststättengewerbes, wo man sie durchaus problemlos unterbringen kann. Es ist ganz allein den Sängern überlassen, das Konzept zu tragen, denn außer ein paar Lichteffekten gibt es keinerlei Unterstützung. Doch mehr brauchen sie auch nicht, denn ihre nie abnehmende Präsenz sorgt für ausreichend Spannung.

Auch musikalisch kommt einiges rüber. Jeremy Tatchell ist ein flotter Papageno, der hier seinen Unterhalt nicht mit lebendigen Vögel, sondern mit Grillhühnchen bestreitet. Sara Lambert verleiht mit brillantem Timbre der Pamina einen gelungen mädchenhaften Charme, Eleanor Blythman ist eine überragende, koloratursichere Königin der Nacht, Andrea Carcassi ein wohltönender Sarastro und Vincent Fusco gibt sich als schmieriger Koch Monostatos standesgemäß fies und eklig. Nur Ernst Ens scheint mit der Rolle des Tamino streckenweise stimmlich etwas überfordert.

Ein echter Glücksfall ist der Besuch der Australier für fünf Studierende der Wiesbadener Musikakademie. Manuel Wüst (Flöte), Leonie Dessauer (Oboe), Christian Claus (Klarinette), Jörg Hahn (Fagott) und Lincon Dias (Horn) nutzen die Chance, eine komplette Oper mitgestalten zu können, mit großem Engagement und einer erstaunlichen Raffinesse, die zu der kammermusikalischen Besetzung unter der Leitung von Brian Chatterton perfekt passt.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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