Montag, 13. August 2007

Händels "Saul" unter Leitung von Peter Neumann in Kloster Eberbach

Mit seinem Oratorium „Saul“ begründete Georg Friedrich Händel fast aus der Not heraus eine völlig neue Gattung. Als Opernkomponist war er Ende der 1730er Jahre in England nicht mehr in dem gewohnten Maße erfolgreich und begann, sich nach neuem Publikum und frischem Stoff umzuschauen. Das erstarkende Bürgertum wurde sein Ziel, dessen Interessen galten weniger den mythischen Sagengestalten, mit denen er den Adel beeindrucken konnte. Stoffe aus der Bibel aber schienen anzukommen. In nur zwei Monaten schrieb Händel das Oratorium, das noch heute als kaum erreichtes Meisterwerk zwischen biblischer Vorlage und opernhafter Umsetzung gilt. Für viele Musiker ist es daher auch eine Bewährungsprobe.

In Kloster Eberbach wurde die Aufführung aber weitaus mehr als das. Nur selten erlebt man eine Ausgestaltung, die sich so voll und ganz dem Sujet verschreibt, eine unbezwingbare Spielfreude vermittelt und dabei auf höchstem musikalischem Niveau gestaltet wird. Unter der Leitung von Peter Neumann gaben das Collegium Cartusianum und der Kölner Kammerchor mit einer bestens aufgestellten Solistenriege ein besonderes Glanzstück ab. Hochdramatisch verdichtet erzählten sie die spannende Geschichte vom siegreichen David, der von Saul zunächst protegiert, später neidisch beäugt und verfolgt wird.

Schon der instrumentale Einstieg ließ großes erwarten. Feinsinnig wurden die charakterlich deutlich unterschiedlichen Sätze herausgearbeitet, detailreich und doch aus einem Guss geriet das Ergebnis. Von luftig durchschimmernden Momenten bis hin zu hellen Fanfaren und Paukenschlägen, die den fulminanten Triumphgesang einläuteten, gab es hier keine langweilige Sekunde.

Erstaunlich auch, wie passgenau sich die Solisten in ihre Rollen fügten. Allen voran konnte die Sopranistin Simone Kermes in der Rolle der älteren Saul-Tochter Merab überzeugen. Scharf und koloraturenfreudig formulierte sie ihre Arien, warf sich voll übersprudelndem Hass auf den Emporkömmling David. Dass sie das opernhafte im „Saul“ besonders schätzt, hatte sie bereits vorher im Interview berichtet, diesen Anspruch löste sie nun vollständig ein. Ihr zur Seite stand Myung-Hee Hyun als Michal, die mit ihrer schlanken Stimme sehr anschmiegsam und angenehm direkt zu hören war. Klangvoll und sicher gab der Countertenor Alex Potter den David, blieb dabei immer farbecht und konsequent.

Erstaunlich die machtvolle Ausgestaltung, die der junge Bassbariton Konstantin Wolff der Rolle des Saul angedeihen ließ, ihm gelang es immer, Größe nicht mit Überschwang zu verwechseln und blieb stets einem kultivierten Grundansatz verhaftet. Schlank und beweglich, der Tenor Nicholas Phan (Jonathan), etwas zurückhaltend dagegen Georg Poplutz (Tenor), der in unterschiedlichen Rollen aber stets auf den Punkt kam.


Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt / Allgemeine Zeitung Mainz, eine andere Version erschien in der Frankfurter Neuen Presse

Keine Kommentare: