Samstag, 11. August 2007

Interview mit dem Cellisten Daniel Müller-Schott

Sie spielen am Sonntag beim Rheingau Musik Festival die Cellosuiten 2, 3 und 6 von Johann Sebastian Bach. Wieso haben Sie sich für so ein anspruchsvolles Programm entschieden?

Ich bin mit den Bach-Suiten groß geworden – schon im Alter von sechs Jahren habe ich mit der ersten begonnen und seitdem kontinuierlich an dem Zyklus gearbeitet. Daher ist mir dieses Programm vertraut und kommt mir sehr natürlich vor. Für Hörer kann das schwierig sein, das ist mir klar. Aber ich glaube, damit spricht man ein besonderes Publikum an, das diese Musik liebt und mit einer großen Kenntnis ins Konzert kommt. Wobei ich auch mal in Freiburg vor 40.000 Menschen vor einem Heavy-Metal-Konzert eine Bach-Suite gespielt habe. Meine Erfahrung war, dass Bach einfach eine unglaublich suggestive Wirkung hat, die sich auch auf Menschen überträgt, die diese Musik noch gar nicht kennen.


Was reizt Sie selbst an Bach?

Man kann sich der Aussage hinter den Noten nicht entziehen. Die Struktur der Musik ist mit dem emotionalen Inhalt so eng verbunden wie bei sonst fast keinem Komponisten.


Sie haben gerade gemeinsam mit der Pianistin Angela Hewitt ein Album mit Bach-Sonaten aufgenommen…

Das war für mich eine neue Erfahrung. Auf die Gambensonaten bin ich erst vor einigen Jahren gestoßen und habe lange überlegt mit welchem Instrument ich sie spielen möchte. Ich habe es mit Cembalobegleitung probiert, mit Barockcello und auch mal eine Gambe in der Hand gehalten. Aber ich bin weit davon entfernt, ein guter Gambist zu sein. Die Kombination für Cello und Klavier schien mir eine gute Verdeutlichung der Musik. In Angela Hewitt habe ich eine fabelhafte Partnerin gefunden, die mit der Bachschen Musik sehr vertraut ist und eine Phrasierungskunst beherrscht, die ich bis dahin kaum gehört habe. Das war eine sehr spannende und inspirierende Zusammenarbeit.


Wie gehen Sie gerade mit sehr erfahrenen Kollegen um?

Grundsätzlich muss man sich immer auf einer bestimmten Ebene treffen. Dann spielen die Jahren keine so unmittelbare Rolle mehr. Wenn Offenheit und Neugier für musikalische Inhalte gegeben sind, dann ist es leichter, zusammen zu arbeiten. Natürlich hat jeder seine eigene Sicht und man muss sich arrangieren. Aber gerade diese Auseinandersetzung macht das Musizieren spannend. Es wäre ja schrecklich, wenn man nur Gleichklang hätte.


Die Gefahr, verheizt zu werden, ist groß in dem Geschäft. Wie bleiben Sie dem eigenen Stil treu?

Die Frage ist, wie kann man eine Balance finden bei dem ganzen Repertoire und dem „äußeren Druck“. Es muss eine innere Stimme da sein, man muss sich selbst treu bleiben, authentisch sein und nach innen hören. Das fordert die Musik auch. Es ist eine Kommunikation mit der Partitur. Was dann mit dem Business zusammen hängt, ist sekundär, das darf nicht im Zentrum stehen. Die Balance konnte ich bislang ganz gut halten, ohne das Gefühl zu haben, ausgebrannt zu sein.


Gibt es noch etwas anderes außer Musik für Sie?

Es gibt so viele Dinge. Ich würde gerne mehr in Museen gehen und lesen. Bis ich den Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau mit 15 gewann war es auch nicht klar, ob ich Musiker werde. Ich habe mich immer schon für Bildende Kunst, Architektur und Literatur interessiert. und nutze die vielen Reisen, um Städte und Gebäude kennen zu lernen. Mich interessiert der historische Hintergrund. Ich bin gerade in Venedig gemeinsam mit einem Experten die einzelnen Stationen der großen Cellobauer abgelaufen. Das war wie eine Zeitreise in eine andere Epoche – ähnlich wie in der Musik selbst.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier / Wiesbadener Tagblatt

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