Samstag, 11. April 2009

Der Mainzer Dom-Chor probt - ein Blick hinter die Kulissen

Selten bekommt man nach einer Probe Applaus gespendet. Doch die Gäste, die auf Einladung der AZ an der Generalprobe des Dom-Chores passiv teilnehmen durften, applaudieren spontan, gern und reichlich.

Draußen scheint die Sonne und verbreitet in der Mainzer Altstadt ein Flair, das man aus der Toskana kennt. Doch für rund 80 Jungs und junge Männer müssen Eiscreme und Laissez-faire noch einen Moment warten. Sie sitzen hoch konzentriert im Halbrund des Chorhauses am Dom und warten auf die Einsätze von Domkapellmeister Mathias Breitschaft. Mit kurzen Hosen, wippenden Füßen und hellwachem Blick sitzen sie da und singen lateinische Texte mit einer Begeisterung, als ginge es um ein entscheidendes Fußballspiel.

„Ein bisschen geheimnisvoller“, fordert Breitschaft seine Mannschaft auf. Er spart weder mit Lob noch mit Tadel. „Was ich toll fand, war die Fuge“, freut er sich. „Ihr seht: Proben lohnt sich“, fügt er mit einem bübischen Grinsen hinzu. „Aber morgen kommen die Dom-Akustik und die große Entfernung dazu“, warnt er vor allzu großer Genügsamkeit. Dann sorgt der Chor nämlich für die musikalische Umrahmung des Ostersonntags-Gottesdienstes.

Geprobt werden die „Nelson-Messe“ von Joseph Haydn und das „Terra tremuit“ von Johann Ernst Eberlin, einem Zeitgenossen seines heute deutlich berühmteren Kollegen. Das Offertium wurde eigens für die festliche Liturgie des Ostersonntags am Salzburger Dom geschrieben. Das Werk ist zwar im Vergleich zu der Messe relativ schlicht, wirkt aber durch seine klangmalerischen Momente, die ein Erdbeben darstellen, sehr plastisch. Außerdem wird der Dom-Chor das populäre „Halleluja“ aus Georg Friedrich Händels „Messias“ singen. Auf deutsch wohlgemerkt und nicht in der Originalsprache Englisch. Breitschaft betont in der Probe, dass der Chor schließlich kein Konzert singe, sondern den Gottesdienst begleite. Und da soll der Zuhörer so viel wie möglich vom Text mitbekommen.

Für die Zuhörer der Probe hat es sich gelohnt ins Chorhaus zu kommen. Karin Achenbach etwa fand es besonders interessant, derart junge Menschen beim Proben zu beobachten. „Spannend auch, wie es dem Leiter gelingt, sie zu manövrieren“, sagt sie. Birgit Nagel findet besonders die Leichtigkeit der jungen Stimmen faszinierend. „Das fehlt bei Erwachsenen-Chören manchmal“, meint sie. Ebenso wie Karin Achenbach verfügt sie über eigene Erfahrungen als Chorsängerin. Voll des Lobes ist sie auch für Breitschafts Art und Weise, die Probe zu leiten. „Er macht das sehr locker und humorvoll und dennoch herrscht eine große Disziplin“, sagt sie beeindruckt.

Der Domkapellmeister hat die gesamt Probe lang beide Augen und Ohren gleichzeitig bei seinem Chor, dem Orchester und den vier Solisten. Nur selten muss er eingreifen, wenn es in einer Ecke allzu unruhig wird. Die Strenge in der Sache hat auch etwas mit dem Respekt vor der Musik zu tun, den er ebenfalls vermittelt. „Tut mir leid – was ihr da singt, ist nicht von Haydn. Da steht piano“, bricht er etwa mitten im Takt ab, um die Stelle noch einmal und nun deutlich leiser zu wiederholen. Ein andermal möchte er die Musik „mit mehr Schmackes“ hören. Beides liefern ihm seine Sänger prompt und gestalten damit einen Klang, der dem Anlass mehr als entspricht.

Veröffentlicht in der Mainzer Allgemeinen Zeitung

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