Sonntag, 28. Juni 2009

Rheingau Musik Festival eröffnet mit Mahlers Neunter in Kloster Eberbach

Das Zahlenwerk ist mittlerweile Gewohnheit und doch beeindruckend. Innerhalb von zwei Monaten finden im Rheingau 141 Konzerte an 38 Spielstätten statt, wofür 115.000 Eintrittskarten verkauft werden. Aus einer winzigen Folge von vier Veranstaltungen hat Michael Herrmann mit seinem Team mit dem Rheingau Musik Festival eines der führenden Klassikfeste in Europa geschaffen. Mittlerweile sind gehobene Jazz- und Unterhaltungstermine dazu gekommen. All das mit einem Minimum an öffentlicher Finanzierung, wenn man die Unterstützung durch öffentlich rechtlichen Rundfunk und staatlich kontrollierte Unternehmen einmal herausrechnet. Zur Eröffnung des 22. Festivals platzte Kloster Eberbach aus allen Nähten, als Hessens Ministerpräsident und Festival-Schirmherr Roland Koch die Mega-Reihe eröffnete. Der freute sich über die Ausstrahlung der Konzerte über Hessen hinaus und lobte die „unternehmerische Idee“ sowie die persönliche Leistung Herrmanns.

Es ist Tradition, dass der Hessische Rundfunk das erste Konzert der Saison in seinem Kultursender live ausstrahlt, diesmal konnten auch die Bewohner Katalaniens am Lautsprecher die Klänge aus dem Rheingau miterleben. Ein monumentales Werk in nicht weniger beeindruckender Kulisse aber muss man vor Ort erleben, um es so richtig auf sich wirken lassen zu können. Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 9 in D-Dur, die letzte von ihm vollendete, stand auf den Pulten der Musiker des HR-Sinfonieorchesters, das von seinem Chefdirigenten Paavo Järvi dirigiert wurde. Järvi gehört längst zu den ganz Großen seiner Zunft, hat gerade seinen Frankfurter Vertrag bis 2013 verlängert und übernimmt im kommenden Jahr zusätzlich das Orchestre de Paris, das natürlich auch schon beim Festival gespielt hat.

Es ist genau die Sorte Musik, die ein Festival dieser Größenordnung zum Auftakt verträgt. Da werden mächtige Klänge aus der Tiefe des Orchesters heraus gezerrt, während zuvor noch ein extremes Pianissimo jeden Ton einzeln erlebbar machte. Es ist das faszinierende Zusammenspiel von Einzelnen und Gruppen, das in der Komposition so meisterhaft zelebriert und vom HR-Sinfonieorchester mit bestechender Akribie und großer musikalischer Begeisterungsfähigkeit vermittelt wird. Der morbide Charme der Neunten, der sich immer wieder mit Macht seine Bahn bricht, trägt seinen Teil zur Überwältigung bei. Dem Orchester gelingt einmal mehr die packende Interpretation krasser klanglicher Gegensätze, die musikalische Urgewalten mit scheuer Zurückhaltung bewusst nicht verbindet. Niklas Sommer

Weitere Konzerte unter www.rheingau-musik-festival.de

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