Dienstag, 2. Juni 2009

Jubiläumskonzert in der Wiesbadener Begkirche

Als die Bergkirche vor 130 Jahren eingeweiht wurde, traf sie in unmittelbarer Nähe, etwa 100 Meter entfernt, auf eine rege Nachbargemeinde. Gerade zehn Jahre davor wurde die Synagoge am Michelsberg eröffnet, köännte heute also 140 jähriges Bestehen feiern, wäre sie nicht am Morgen des 10. November 1938 von den Nationalsozialisten und ihren willfährigen Gefolgsleuten zerstört und ein halbes Jahr später, vor siebzig Jahren also, vollständig abgerissen worden. Ganz bewusst erinnerte Bergkirchen-Kantor Christian Pfeifer beim Jubiläumskonzert auch an diesen Teil der Wiesbadener Kirchengeschichte.

Mit der Kantorei der Bergkirche verfügt die Gemeinde über einen ausgesprochen leistungsfähigen Chor, der unter Pfeifers Leitung zu Großem aufbricht und sich dabei dauerhaft als einer der vielseitigsten vokalen Klangkörper der Stadt erweist. Schon mit der Brahms-Motette „Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen“ stellten die gut 50 Sängerinnen und Sänger ihr klangliches Spektrum unter Beweis. Sanfte Homogenität im Gesamteindruck und hohe Sensibilität in der Umsetzung der Partitur zeichnen die Kantorei ebenso aus wie die enormen dynamischen Feinheiten, die sie als gestalterisches Element einsetzen.

Auch in anderen Werken, etwa den Ausschnitten aus Joseph Gabriel Rheinbergers Messe Es-Dur fiel eine äußerst klare Stimmführung auf, durch die sich die einzelnen Stimmgruppen klar von einander absetzten und dennoch ein tiefes, nachvollziehbares Verständnis für den musikalischen Kontext bewiesen. Beeindruckend auch die gehaltvollen Momenten im extremen Pianissimo.

Andreas Karthäuser hatte zu Beginn die nur selten gespielte Orgelsonate Nr. 1 von Christian Fink vorgestellt, die zeitgleich mit der Einweihung der Bergkirche beim „Wiesbadener Tonkünstlerfest“ aufgeführt worden war. Das Werk ist sehr üppig angelegt und steckt
voller farblicher Spielereien, die Karthäuser geschickt heraus gearbeitet hatte und resolut umsetzte. Gemeinsam mit dem Solo-Cellisten des Wiesbadener Staatsorchester, Stephan Breith,
interpretierte er am Harmonium unter anderem das „Kol Nidrei Adagio“ von Max Bruch. Die beiden Musiker vermittelten die ausdrucksstarken Melodien gefühlvoll und doch ohne zu viel Pathos.

Gekürzt veröffentlicht im Wiesbadener Tagblatt / Wiesbadener Kurier

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