Dienstag, 3. März 2009

Simone Kermes singt Händel-Arien (CD-Vorstellung)

Der Anlass ist klar, Georg Friedrich Händel ist vor 250 Jahren gestorben. Es ist nicht so, wie im „Mozart-Jahr“, dass man das an allen Ecken und Enden bemerken würde. Aber es gibt Veröffentlichungen, die buchstäblich aufhorchen lassen. So auch die Einspielung der Leipziger Sopranistin Simone Kermes und der Lautten Compagney Berlin unter der Leitung von Wolfgang Katschner. Sie habe nach „besonders schönen Arien“ gesucht, gibt sie zu Protokoll. Solchen, die einen möglichst vielfältigen Eindruck von Händels Opernschaffen wiedergeben sollten. Und tatsächlich entsteht ein Kaleidoskop an Emotionen: Liebe und Hass, Verführung und Rache, Todesahnung und Glückseligkeit.

„La Diva“ heißt das Album und nimmt damit nicht Bezug auf die Interpretin, sondern auf die italienische Sopranistin Francesca Cuzzoni, für die Händel die Arien geschrieben hat, die auf die CD gekommen sind. Sie wurde 1696 in Parma geboren und stand als 18-Jährige zum ersten Mal auf der Bühne. Sie bereiste ganz Italien, Komponisten wie Francesco Gsparini und Antonio Vivaldi schrieben da schon für sie. Nachdem sie sich an Venedigs renommiertem Teatro San Giovanni Gristostomo einen internationalen Ruf ersang, wurde sie ans King's Theater nach London geholt und gab ihr Debüt mit Händels Oper „Ottone“. 13 Jahre war sie dort ein gefeierter Star, dann kehrte sie 1736 nach Italien zurück. Doch das Glück hatte sie verlassen. Nachdem die Ersparnisse aufgebraucht waren, führte sie ein zurückgezogenes Leben und starb 1778 völlig verarmt in Bologna.

Simone Kermes brilliert auf der CD in jeder einzelnen Arie. Das „Se pietà di me non senti“, singt Cleopatra in „Giulio Cesare“ in dem Moment, in dem sie ihren Geliebten seinen Feinden überlassen muss. Fast zehn Minuten lang trägt ihre kultivierte, stets auf eine präzise klangliche Entwicklung ausgerichtete Stimme diesen Klagegesang, ohne an Intensität zu verlieren. Ganz anders wiederum die Eifersuchtsarie „No, più soffrir non voglio“ aus „Alessandro“. Hier prasseln rhythmisch pointierte Koloraturen auf den Hörer ein, Simone Kermes legt all ihre Energie in ein temperamentvolles Feuerwerk aus unzähligen Tönen.

Unterschiedliche Elemente finden sich in „Torrente cresciuto“ wieder, in der die intrigante Laodice aus „Siroe, Re di Persia“ zu der Erkenntnis kommt, dass nur der „Pfad der Tugend“ der einzig richtige Weg sein kann. Jubelnde Koloraturmomente stehen da neben den eher introvertierten, nachdenklich fragenden Passagen. Beide Aspekte vermittelt Simone Kermes in einer ungewöhnlichen Kombination aus Authentizität und Eleganz. Ohnehin ist ihr mit Unterstützung der stilsicher und höchst lebendig musizierenden Lautten Compagney ein absolut ansprechendes Album gelungen.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier

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