Donnerstag, 15. Mai 2008

Zum aktellen Ballett-Abend am Staatstheater Mainz

Martin Schläpfer hält nichts von konstruierten Zusammenhängen. Lieber lässt er jedes einzelne Stück für sich wirken. Ohnehin weiß er, wie schwer es ist, getanzte Inhalte und Bedeutungen zu verbalisieren, darum möchte er vor allem neugierig auf das eigene Erleben machen. Das Programm XXVI führt drei sehr unterschiedliche Choreografien an einem Abend also konsequenterweise nicht zusammen, sondern stellt sie neben einander. Wer mag, kann dann darüber hinaus Zusammenhänge entdecken, die mit den eigentlichen künstlerischen Vorträgen wenig zu tun haben. So wurde das „Kammerballett“ von Hans van Manen choreografiert und von Paul Lightfoot und Sol León vor Jahren uraufgeführt. Heute sind die beiden früheren Tänzer ein Choreographen-Paar und steuern zum aktuellen Mainzer Programm ihre Arbeit „Sh-Boom!“ bei.


Doch zunächst gibt es etwas vom „Choreographer in Residence“, Nick Hobbs zu sehen. Der hat sich vom Streichquartett Nr. 1 des ungarisch-österreichischen Komponisten György Ligeti inspirieren lassen, um seine „Métamorphoses nocturnes“ nach dem Beinamen des Stücks zu ersinnen. Die Kostüme von Thomas Ziegler ziehen die 16 Tänzerinnen und Tänzer nach und nach aus, um auch äußerlich so eine Art Häutung vorzunehmen. Eine konkrete Handlung wird es nicht geben, die Dramatik, so verspricht Hobbs, entsteht aus dem Verhältnis der Figuren zueinander und zum Raum. „Es gibt dabei viele Begegnungen, manche verlaufen blutig, die anderen kühl und sind vielleicht so etwas wie die zwei Seiten einer Medaille“, beschreibt er seine Idee.


Das Duo León und Lightfoot hat sich lange Zeit mit einer gemeinsamen Produktion beschäftigt, die immer wieder ein anderes Gesicht bekommen hat. Amerikanische, finnische, spanische und britische Songs der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts stehen dabei Pate. Die vordergründige Lebensfreude, die sie ausstrahlen korrespondiert dabei unmittelbar mit der politischen Intention, die hinter dem Durchhalte-Soundtrack des Weltkriegs steckte. Auch hier kommt dem Raum wieder eine große Bedeutung zu, darüber hinaus wird die Arbeit mit Licht eine wichtige Rolle spielen. Ganz nebenbei sei bemerkt, dass die beiden Choreographen grundsätzlich sehr unterschiedliche künstlerische Vorstellungen haben, die es in der gemeinsamen Arbeit kreativ zu nutzen galt.


Dazwischen dann das „Kammerballett“ van Manenes, dessen Arbeiten schon oft in Mainz zu sehen waren. Ballettdirektor Schläpfer geht mittlerweile schon so weit, davon zu sprechen, der „Meister der Choreographie“ habe seine Compagnie wesentlich mit geprägt. In dem Stück stecke ein „ungeheures Wissen über die Traurigkeit und auch über die Kraft, mit der die Welt dieser gegenüber steht“. Für Sol León sind es „bewegende Momente“, nun der Einstudierung des Stücks zuzuschauen, mit der sie selbst wichtige Impulse verbindet.

Veröffentlicht u.a. in der Allgemeinen Zeitung Mainz

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