Montag, 18. Dezember 2006

Bratschen-Ensemble "Piu alto" im Frankfurter Holzhausenschlösschen

Und es gibt sie doch. Anspruchsvolle Literatur für vier gleiche Instrumente, gar für vier Bratschen. Oft geraten Konzerte, in denen diese gern unterschätzte Gattung in den Mittelpunkt gestellt wird, zum freiwilligen oder ungewollten Kuriosum. Das Ensemble „Piu alto“, das sich erst vor zwei Jahren aus Studierenden der Frankfurter Musikhochschule formiert hat, bewies nun im Holzhausenschlösschen, dass vier Bratschen durchaus ein ernstzunehmendes Kammerkonzert bestreiten können.

Schwelgerisch badeten die Musiker im romantischen „Nachtstück“ von Max Ritter von Weinzierl. Bewusst spielte das Quartett mit dem warmen Klang seiner Instrumente, mal agierten die Interpreten frei und gelöst, mal sehr intensiv und sanglich, arbeiteten diese Kontraste immer wieder gezielt heraus. Ebenfalls auf Gegensätze angelegt war die Gegenüberstellung von drei Ricercaren von G. Pierlugia da Paelstrina aus dem 16. Jahrhundert und den „Fünf polyphonen Miniaturen“ des 1918 geborenen Komponisten Jürg Bauer. Fließend gingen die einzelnen Sätze ineinander über, manchmal wurde der stilistische Bruch erst nach einigen Tönen wirklich bewusst, derart geschickt arbeitet der Zeitgenosse mit 400 Jahre alten Imitations-Techniken. Beherzt rissen die Musiker harte Pizzikati und schreckten vor dissonant übereinander gelagerten Glissandi nicht zurück.

Ungewohnte Virtuosität entlockte das Ensemble seinen Bratschen in den Variationen über „Ah! vous dirai-je, Maman“ von Charles Dancla. Hier wurden ihnen rasante Läufe abverlangt, wie sie in den gängigen Partien so ausgeprägt wohl kaum zu finden sind. Trotz aufkeimender Intonations-Schwierigkeiten bewältigte das Quartett auch diese selbst gestellte Aufgabe letztlich mit Bravour.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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