Samstag, 12. September 2009

Simone Kermes hat Arien aus dem Neapel des 18. Jahrhunderts aufgenommen

Neapel gehörte im 18. Jahrhundert nicht nur zu den bedeutendsten Handels-Städte Europas, sondern war auch in Sachen Kunst wegweisend. Von dort aus machten sich große Komponisten auf zu den Bühnen der Welt, um zu großem Ansehen zu gelangen. Nur wenige sind uns mit ihrem Werk heute noch in größerem Umfang bekannt. Einer der bekanntesten aber ist bis in die Gegenwart der Librettist und „Poeta Cesaro“ am Wiener Hof, Pietro Metastasio. Er schrieb die Texte für große Opern von Giovanni Pergolesi, Alessandro Scarlatti und anderen bedeutenden Komponisten.

Die Sopranistin Simone Kermes hat nun unter dem beziehungsreichen Titel „Lava“ Opernarien aus dieser Zeit zusammen gestellt, darunter einige, die erstmals überhaupt auf CD eingespielt wurden. Die klingenden Ströme aus der Stadt am Fuße des Vesuv werden zu einem ungemein unterhaltsamen wie musikalisch aufregend interpretierten Eindruck verbunden. Sie stammen aus Opern, die heute so gut wie nicht mehr auf der Bühne aufgeführt werden. Doch mit diesen Ausschnitten macht die Sängerin gemeinsam mit den pointiert und oft mitreißend aufspielenden „Le musiche nove“ unter der Leitung von Claudio Osele durchaus neugierig.

Aus Leonardo Leos „Il demetrio“ (1735) vermittelt sie die Arie „Manca sollecita“ in einem überaus atmosphärischen und spannungsvollen Piano, so dass man das Schütteln nach dem Lufthauch, von dem sie hier singt, förmlich zu spüren vermag. Leicht angetupfte Vokale, sinnlich umspielte Melodien und ein kurzer aufschreckender Ausbruch bringen dem Zuhörer das Stück enorm nahe. Mitunter folgen auf brillant gesungene, ausladende und weit in die Höhe schießende Koloraturen unvermittelt fast gesprochen wirkende raue Marksteine in den tiefen Regionen. Die stellen etwa bei der Siface-Arie „Come nave in mezzo all'onde“ aus Johann Adolf Hasses „Viriate“ (1739) lebhafte Gegensätze dar – eben wie sie auf einem Schiff zu erwarten sind, das auf stürmischer See fährt. So jedenfalls das Bild, das besungen wird. In der Arbace-Arie „Vo solcando un mar crudele“ aus Leonardo Vincis „Artaserse“ (1730) schraubt sie sich mit brillanter Virtuosität in die inniglich vorgetragene Elends-Tragödie seines Daseins.

Die CD ist 2009 bei „Deutsche Harmonia Mundi“ erschienen. Weitere Informationen: www.lava-music.ch


Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier

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