Dienstag, 15. September 2009

Am Wiesbadener Staatstheater startet die Spielzeit mit Giuseppe Verdis Oper „Il trovatore“ in der Regie von Cesare Lievi.

In den Straßen herrscht Krieg. Manrico, der „Troubadour“ zieht, gestützt von einer Schicht Ausgestoßener und Unterweltler. mit seiner Stadt-Guerilla umher, An den industriell wirkenden Bühnenwänden von Csaba Antal prangen Graffiti, die Staatsmacht rüstet sich zum Kampf. Die Regie von Cesare Lievi beschränkt sich auf Andeutungen der tiefen Rivalität, die hier herrscht und die weit über politische Auseinandersetzungen hinaus geht.

Es geht um Rache, die sowohl die Zigeunerin Azucena als auch den Grafen di Luna bis zum Äußersten treibt. Er will seinen Bruder rächen, den die Verdammte vor Jahrzehnten ins Feuer warf. Sie wiederum sinnt auf Vergeltung für ihre Mutter, die der Vater des Grafen auf den Scheiterhaufen brachte. Das Perfide daran ist, dass sie ihre Genugtuung erst im Schmerz des jungen Grafen bekommt. Der ahnt nicht, dass der Aufständische Manrico, den Azucena wie einen Sohn aufgezogen hat, jener Bruder ist, von dem er glaubt, dass er seinerzeit in den Flammen starb. Es war ein fataler Irrtum der Zigeunerin,die ihr eigenes Kind auf diese grausame Weise getötet hatte. Erst als der Graf den Revolutionsführer hinrichten lässt, offenbart sie ihm den gerade vollzogenen Brudermord.

Die wirkungsvolle Umsetzung der Oper verdankt Lievi seinen Sängern. Allen voran nimmt Jeniece Golbourne das Wiesbadener Publikum im Sturm. Als Azucena wirkt sie mit langen verfilzten Haaren, in gebückter Haltung und mit unsteter Gestik bei ihrem Europa-Debüt ungeheuer dämonisch. Stimmgewaltig und ausdrucksstark ist sie ein großer Gewinn für die Alte Welt. Wie nur wenige Sängerinnen gelingt ihr die absolut authentische Darstellung, die nie auf Kosten der sängerischen Leistung geht, sondern mit ihr passgenau einhergeht.

Tatjana Plotnikova schwärmt als Leonora mit großer Leichtigkeit für ihren Geliebten und bietet später emotional dicht formulierte Spitzentöne, dazu gehaltvolle Piano-Stellen. Luis Chapa ist als solider Manrico zu erleben, Tito You legt viel Druck in die musikalische Interpretation des Grafen, als Ferrando gibt Bernd Hofmann eine durchweg überzeugende Figur ab. Abgerundet wird die gelungene Premiere von einem aufmerksamen, mitunter furios auftrumpfenden Orchester unter der effektvollen Leitung des argentinischen Gastdirigenten Mario de Rose. Eindrucksvolle Massenszenen steuert der Chor bei.

Weitere Aufführungen unter anderem am 17., 20., 24. und 27. September jeweils um 19.30 Uhr
Karten: 0611-132325 oder www.staatstheater-wiesbaden.de

Veröffentlicht unter anderem in der Frankfurter Neuen Presse

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