Montag, 22. Januar 2007

Barockoper "Giasone" von Francesco Cagvalli in Frankfurt

Wer zum Spielball gelangweilter Götter wird, kann eigentlich nicht mehr allzu viel ausrichten. Diese Erfahrung machen auch die Protagonisten in Francesco Cavallis „Giasone“, darum fügen sie sich mehr oder minder ihrem Schicksal und machen das Beste daraus. Cavalli, heute kaum bekannter Monteverdi-Schüler hat aus dem Text von Giacinto Andrea Cicognini eine fast schon überdreht fröhliche Komödie entstehen lassen. Die Uraufführung hat 1648 oder ein Jahr später in Venedig stattgefunden, die „Comedia dell’arte“ mit all ihren Figuren lässt vehement grüßen. Die Frankfurter Oper hat das Stück nun im Bockenheimer Depot aufgeführt.

Der junge Krieger Giasone steht vor einem mächtigen Problem, das in der Literatur und im wirklichen Leben nur zu bekannt ist: er hat sich auf zwei Frauen gleichzeitig eingelassen. Wenig glücklich ist dabei der Umstand, dass beide infolge dessen Zwillinge von ihm bekommen haben. Nun steht eine Entscheidung an. Medea, Königstochter von Kolchis kann dem ehrgeizigen Helden zum Goldenen Vlies verhelfen, Konkurrentin Isfile ist ebenfalls von höchster Herkunft, hat sich den Thron aber dadurch verspielt, dass sie in ihrer Heimat Lemnos alle Männer hat morden lassen, um Giasone zu ihrem Geliebten zu machen. Giasone entscheidet sich zunächst für Medea und landet mit ihr nach erfolgreicher Vlies-Eroberung ausgerechnet auf Isfiles Exil-Insel. Aufgrund eines Missverständnisses lässt er nun Medea anstatt Isfile von seinem Getreuen Herkules ins Meer werfen, die wiederum von ihrem bis dato ungeliebten Verlobten Egeus (glücklicherweise auch ein König) gerettet wird und sich ihm zum Dank verspricht. Giasone bleibt nichts anderes übrig, als bei Isfile zu bleiben.

Die Wendung des Schicksals liegt am Einsatz des Liebesgottes Amor, der sich mit dem Sonnengott Jupiter über den Ausgang des Dramas in die Haare geraten war. Die Oper gewinnt trotz zwischenzeitlicher Längen dadurch an Fahrt, dass die turbulenten Ereignisse noch durch Zusatzhandlungen der Dienerschaft komödiantisch angereichert werden. Die Inszenierung, die auf die im Dezember verstorbene Regisseurin Anouk Niklisch zurückgeht, setzt dabei bewusst auf parallele Personenführung. Sie wurde bereits 2004 in Klagenfurt realisiert und nun von Andrea K. Schlehwein und Roland Aeschlimann einstudiert. Um einen riesigen Zauberwürfel herum tollen die Charaktere meist ausgesprochen aufgewühlt herum, zeigen sich dabei in teilweise absurd stilisierten Kostümen von Andrea Aeschlimann. Herkules etwa tritt in sportlichen Schienbeinschonern auf, Medeas Amme Delfa jagt in bester Travestie-Manier jedem verfügbaren Mann hinterher und Demo, stotternder und kahlköpfiger Diener von Egeus, schleppt an einem überdimensionalen Herz.

Das Ganze wird musikalisch rund und gelungen umgesetzt. Dafür garantiert bereits das Ensemble aus Mitgliedern des Museumsorchester nebst spezialisierten Gästen auf historischen Instrumenten. Unter der einfühlsamen und zielsicheren Leitung von Andrea Marcon sorgen die Instrumentalisten stets für die hier so notwendigen musikalischen Charakterstudien. Unter den Solisten ragt neben dem stets präsenten Countertenor Nicola Marchesini in der Titelrolle vor allem die junge schwedische Sopranistin Elin Rombo in der Rolle des Amor hervor. Sie hält spielerisch die Fäden in der Hand, schreibt buchstäblich Geschichte neu. All das mit kecker Verschmitztheit und stimmlich einfach nur brillant. Stella Grigorian nimmt sich der Rolle der Medea voller Stolz in Geste und Stimme an, Juanita Lascarro setzt sich als Isfile mit dem klagenden Grundtenor der Rolle hervorragend auseinander.

Weitere Aufführungen: 24., 26., 28., 31. Januar, 2. und 4. Februar
Karten: 069-1340400

Veröffentlicht unter anderem im Main-Echo (Aschaffenburg)

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