Dienstag, 20. Juni 2006

Koreanischer Nationalchor im Wiesbadener Kurhaus

Das war ein regelrechtes Heimspiel. Im gut besuchten Friedrich von Thiersch-Saal des Wiesbadener Kurhauses gastierte der koreanische Nationalchor vor allem vor Landsleuten. Die wollten sich den Besuch des 1973 gegründeten und damit tatsächlich ältesten Profi-Chores der asiatischen Halbinsel nicht entgehen lassen. Während im Kurpark dahinter weiter Fußball geschaut wurde, präsentierten sich die Sängerinnen und Sänger bei ihrem „Konzert anlässlich der Fußball WM 2006“ mit einer großen stilistischen Bandbreite.

Der Weg führte dabei von Madrigalen über Chöre aus den „Jahreszeiten“ von Joseph Haydn bis hin zu koreanischen Volkslied-Vertonungen aus dem 20. Jahrhundert. Dass der koreanische Tenor Alfred Kim, der seit dieser Spielzeit am Wiesbadener Staatstheater in wichtigen Rollen zu sehen ist, lediglich zu einem kurzen Auftritt vorbeischauten, störte seine Fans kaum. Wie ein Weltstar wurde er umjubelt, während er effektvolle kurze Partien, unter anderem aus dem „Land des Lächelns“, einer seiner aktuellen Produktionen, zum Besten gab. Zu einer richtigen Zugabe ließ er sich jedoch nicht überreden, brachte „Dein ist mein ganzes Herz“ eben noch einmal.

Der Chor hingegen zeigte sich in glänzender Verfassung und stimmlich ungewöhnlich ausdauernd. Unangestrengte Tenöre trugen Griegs Lied „Ich liebe Dich“, auch ansonsten erwiesen sich die Stimmen als angenehm entspannt und zart ausgeleuchtet. Manchmal schienenen die Interpretationen schon fast arg zurückhaltend. Umso mehr überraschte dann die Kraft, mit der sich der koreanische Nationalchor unter Leitung von Myung-Yup Kim der Opernchöre des Abends annahm. „Freudig begrüßen wir die edle Halle“ aus Wagners „Tannhäuser“ erklang volltönend, wurde mit beachtenswerter Disziplin und Präzision gesungen.

In einer kleinen Auswahl an Madrigalen präsentierte sich ein 12-köpfiges Ensemble mit luftiger Beweglichkeit und hoher Transparenz, kultivierte dabei gleichzeitig ein homogenes Klangbild. Hintergründig witzig und beweglich wurden etwa die Echo-Effekte in dem Landsknechte-Ständchen „Matona, mia cara“ von Orlando di Lasso umgesetzt. Zum Abschluss gewährte der Chor einen Einblick in zeitgenössische Vertonungen traditioneller Gedichte. Dabei gefielen so lebendige Kompositionen wie die von Kim Tchong Mook, der mit atmosphärischen Gegensätzen aus Rufen und Haltetönen ein Gedicht von Kim Young Rang über die Erblühung der Pfingstrose vertont hat. Auch das rustikal frische Fischerlied von Jim Hee Cho verfehlte seine Wirkung nicht.

Veröffentlicht im Wiesbadener Kurier/Wiesbadener Tagblatt

Keine Kommentare: