Sonntag, 4. Januar 2009

Interview mit Heinrich Breloer

Mit den „Buddenbrooks“ von Thomas Mann hat Heinrich Breloer einen Klassiker der Weltliteratur in die Kinos gebracht. Vor dem Start im Residenz sprachen wir mit dem Regisseur, dessen Schwiegermutter übrigens seit drei Jahrzehnten in Mainz lebt.

Sie sind nicht der erste, der die „Buddenbrooks“ verfilmt...

Richtig. Es gibt einen Stummfilm von 1923, den Thomas Mann scheußlich fand und der sich nur auf eine Episode kapriziert. Dann gibt es den 1959-er Kinofilm, der aber heute nicht mehr im Wettbewerb vorführbar ist und einen Fernsehfilm von 12 Stunden.


Wann haben Sie die Buddenbrooks zum ersten Mal wahrngenommen?

Im katholischen Internat hieß es: „So etwas lesen wir nicht“ - und dann sah ich ihn im Kino. Ich fand es spannend, weil vieles davon in meinem Leben vorkam. Ich sollte auch der Nachfolger meines Vaters, eines Getreidehändlers, werden. Doch ich wurde der „Bruder Liederlich“ und ging ins Studententheater. Mein Bruder war der Kaufmann. So kam ich zum Buch und habe es später im Studium wieder gelesen.


Woher rührt ihr reges Interesse an der Familie Mann und ihren Werken?

Früher war Klaus unser Held. Er, der das gefährliche Leben lebte und den Antifaschismus voran getrieben hat, während der Vater zögerte. Wir haben in der Uni Hamburg den „Mephisto“ als Raubdruck heraus gebracht und wussten damals nicht, dass wir für den späteren Verlag die Trüffelschweine waren. Ich habe Klaus Mann mit der Kamera gesucht und in den Manns die interessanteste deutsche Familie kennen gelernt. Als ich den Film über Thomas Mann machte, kam auch er mir näher.


Wie kam es, dass Sie nun die „Buddenbrooks“ verfilmt haben?

Nach „Speer und Er“ hat die Bavaria die Filmrechte an den Buddenbrooks gekauft und ich wurde hinterhältigerweise gefragt. Hätte ich gezögert, hätte es jemand anders gemacht.


Sie reisen seit zwei Wochen durch die deutschen Kinosäle. Was sind Ihre Eindrücke?

Wir hatten alles andere als einen verhaltenen Start. Das Publikum ist dankbar, dass wir diesen Film gemacht haben. Wir schlagen in jedem Kino alles, was darum herum liegt. Weil wir aber nur mit 240, statt mit 600 Kopien starten, liegen wir nur an Nummer vier. Jeder Kinobesitzer erzählt mir aber, dass jetzt wieder Leute ins Kino gehen, die schon lange für verloren geglaubt wurden. Die über 60-Jährigen kommen mit ihren Kindern und Enkeln. Neulich bin ich eine 14-köpfigen Familie im Kino begegnet. Sie alle sind dankbar, dass endlich wieder ein Film für sie gemacht wurde, bei dem nicht bloß Menschen und Autos explodieren.

Veröffentlicht in der Mainzer Allgemeinen Zeitung

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