Sonntag, 10. Juni 2007

Vesselina Kasarova und Charles Spencer bei den Schwetzinger Festspielen

Die Mezzosopranistin Vesselina Kasarova und der Pianist Charles Spencer bescherten den Schwetzinger Festspielen einen weiteren musikalischen Höhepunkt.

Vesselina Kasarova ist ein Publikumsmagnet. Für den derzeit erfolgreichsten bulgarischen Exportschlager waren im Schwetzinger Rokoko-Theater eigens zusätzliche Stuhlreihen auf den Orchestergraben gestellt worden, um dem enormen Publikumsandrang gerecht zu werden. Gemeinsam mit dem Pianisten Charles Spencer gestaltete sie nun bei den zu Ende gehenden Schwetzinger Festspielen einen Arien- und Liederabend, der sicherlich zu den Höhepunkten der an Besonderheiten nicht gerade armen Reihe gehörte. Italienische Arien beherrschten den ersten Teil. Ausgesucht empfindsam nahm sich die Mezzosopranistin der Arie „Pupille amate“ aus Mozarts „Lucio Silla“ an, ohne dabei allzu süßlich zu wirken. Schon im Rezitativ „Ombre felice!“ aus der Mozart-Oper „Arsace“ kam ihre sinnliche Tiefe ganz ohne Druck voll zur Geltung. Spencer agierte neben ihr überlegen, nie distanziert, sondern angenehm einfühlsam gestaltend, sparte dabei nicht an durchaus auch spitzen Kommentaren in der Kantate „Arianna a Naxos“ von Joseph Haydn. Gemeinsam arbeiteten sie die dramatische Zuspitzung im Mittelteil pointiert heraus, machten aus der Kantate eine durch und durch packende Erzählung. In den düsteren Liebesliedern op. 83 von Antonín Dvorák nach Gedichten von Gustav Pfleger-Moravský standen die unterschiedlichen Schattierungen von Verzweiflung und Unbehagen im Vordergrund. Jedes Leiden gestaltete sich da wieder aufs Neue mit seinen Eigenarten. Da war etwa die seltsam hinkende Rhythmisierung, die Spencer in „Kol domu se ted’ potácim“ (Ich taumele jetzt an dem Haus vorbei) so präsent heraus stellte, was mit der wehmütigen Interpretation von Vesselina Kasarova atmosphärisch einnehmend korrespondierte. Ohnehin fand auf der Bühne ein selten zu erlebendes organisch fließendes Zusammenspiel statt, das von einem großen Verständnis beider Künstler füreinander und vor allem für das musikalische Anliegen geprägt zu sein scheint. Ihre Zuspitzung fand diese Eigenschaft in „La spectre de la rose“ von Hector Berlioz. Hier versanken die beiden Musiker fast vollständig in zerbrechlicher Stille, um ihre Zuhörer ganz dicht an die Verzweiflung des Erzählers heran zu führen.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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