Freitag, 18. Mai 2007

Uraufführung von Bernhard Langs Musiktheater "Der Alte von Berge" bei den Schwetzinger Festspielen

Bernhard Langs Musiktheater „Der Alte vom Berge“ wurde nun mit großem Einsatz aller Beteiligten bei den Schwetzinger Festspielen uraufgeführt.

Uraufführungen von Opern sind oft auch eine Bestandsaufnahme. Für die musikalische Entwicklung im Allgemeinen und natürlich kommt auch ein Komponist bei der Arbeit an so einem umfangreichen Werk gerne einmal in Versuchung, viele seiner bislang unverwirklichten Ideen gleich in einem Aufwasch abzuhandeln. Bernhard Lang hat so eine Idee lange Zeit mit sich herum getragen und sie nun dank des Kompositionsauftrags der Schwetzinger Festspiele umsetzen können. Herausgekommen ist „Der Alte vom Berge“, ein Stück Musiktheater, das Lang auf den Text „The Last Words of Hasan-i Sabbah“ von William S. Burroughs zurückführt. Darin wird weniger eine Geschichte erzählt, als eine Agglomeration von Atmosphären beschrieben.

Dem trägt schon das Libretto Rechnung, das sich Lang aus dem Internet zusammen gesucht hat. Auch hier geht es nicht darum, einen Erzählstrang zu verfolgen. Getreu dem Kernsatz: „Nothing is true, everything is permitted” (Nichts ist wahr, alles ist erlaubt). Das soll der Wahlspruch von Hassan III. gewesen sein. Dieser steht im letzten Drittel einer Dynastie von Sektenführern. Die Assassinen, wie sie sich nannten, beherrschten zwischen 1090 und 1265 einen Teil des heutigen Iran.

Lang packt diese Zeit in eine teilweise rauschhafte und mit symbolhaften Andeutungen angereicherte Synthese, die im zweiten Teil in einer Drogen- und Sexorgie kulminiert. Die Protagonisten, die zunächst als bizarre Bande zwielichtiger Halbwelter in Erscheinung treten, ergeben sich im Haschisch-Rausch ihrer Paradiesvorstellung. Hintergrund: Um diesen Zustand erneut und endgültig zu erreichen, müssen sie sich ganz in die Hände des Herrschers begeben, unter anderem bedingungslos töten. Auch Osama bin Ladin beruft sich auf Hasan-i Sabbah.

Dem jungen Solisten-Ensemble wird bei der Umsetzung darstellerisch wie sängerisch einiges abverlangt, die musikalischen Anforderungen reichen von stakkatohafter Dauer-Extase bis zu dissonanter Klangschichtung. Ruth Weber (Sopran), Raminta Babickaité (Mezzosopran), Daniel Gloger, Tim Severloh (beide Countertenor), Ekkehard Abele und Assaf Levitin (beide Bassbariton) bewältigen diese Aufgabe mit bewundernswertem Einsatz und effektvoller Präsenz.

Bernhard Lang ist ein mitunter etwas überladenes, durchaus aber immer wieder packendes Spektakel gelungen, das mit elektrischen und akustischen Instrumenten sowie Mehrkanalzuspielungen seine Wirkung nicht verfehlt. Vor allem Rolf Guptas ausgesprochen konzentrierter und klar strukturierenden musikalischen Leitung ist ein gewichtiger Anteil am Erfolg der Uraufführung zuzuschreiben. An den Pulten: Musiker des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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