Sonntag, 18. Februar 2007

Die "Comedian Harmonists" von Gottfried Greiffenhagen und Frank Wittenbrink im Staatstheater Darmstadt

Die deutschen „Revelers“ wollten sie werden und es gelang ihnen, in wirtschaftlich bedrückenden Zeiten die Tanzlokale und Konzertsäle zunächst in Deutschland und bald auch international zu erobern. Die „Comedian Harmonists“ hatten dafür nur wenig Zeit. Nach ihrem endgültigen Durchbruch zum Jahreswechsel 1929/1930 sollten sie sich gerade noch einmal fünf Jahre an ihrem Erfolg erfreuen. Dann nämlich erhielten die drei jüdischen Mitglieder des Sextetts Auftrittsverbot in Deutschland. Die Aussicht auf ein lebenslanges Exil passte den „arischen“ Mitgliedern nicht in die Lebensplanung und so zerbrach die Gruppe wenige Jahre nach ihrer Gründung wieder.

Nach einem Buch von Gottfried Greiffenhagen und der musikalischen Einrichtung von Franz Wittenbrink hat nun das Darmstädter Staatstheater die Geschichte der ersten deutschen Boygroup nacherzählt. Das Stück hangelt sich an den unvergessenen Hits des Ensembles entlang, das sich „zwischen Brahms und Blues“ mit Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen über eine lange Durststrecke hinweg einen Sonderstatus in der deutschen Kulturgeschichte erarbeitet hat. Die Probenszenen am Anfang geraten unter der Regie von Peter Hailer zunächst etwas langatmig und detailreich, die individuellen Typenbeschreibungen der sechs Protagonisten aber halten die Spannung aufrecht.

Die Stärke des Stücks liegt eindeutig in den zahlreichen Gesangsnummern, daneben wird von jeder Verherrlichung der Künstler abgesehen. Schon früh werden grundsätzliche Differenzen über künstlerische und wirtschaftliche Knackpunkte deutlich. Als 1933 aus Unterhaltung Kunst geworden ist, die Comedian Harmonists auf den großen Bühnen singen und 3000 Reichsmark Abendgage einstreichen, machen sie sich um die Politik auf der Straße und im Parlament noch keine großen Gedanken. Selbst als ein Konzert in München von offizieller Seite nur deshalb zugelassen wird, weil es seit Wochen bereits ausverkauft war, hoffen sie, dass „der braune Spuk“ vorüber ziehen wird. „An uns trauen sie sich nicht ran“, ist der Tenor.

Als sie vor dem verordneten Aus stehen, zeigt sich die Naivität der sechs gefeierten Stars erneut. „Ich liebte Deutschland sehr“, sagt einer der drei jüdischen Mitglieder, ein anderer gar: „Die Nazis haben einen Juden aus mir gemacht“. Denn vorher waren sie vor allem eines: Musiker. Am Klavier besticht in Darmstadt Tobias Engeli, der auch die musikalische Leitung übernommen hat. Ihm gelingen betont nebensächlich wirkende Begleitungen, außerdem hält er seine Sänger mit sicherer Hand zusammen. Markus Durst, Andreas Wagner, Jeffrey Treganza, Oleksandr Prytolyuk und Andreas Daum geben ein gut aufeinander eingespieltes Ensemble ab, das die Hits von „Wochenend und Sonnenschein“ über die „Bar zum Krokodil“ bis hin zum „Kleinen grünen Kaktus“ stilecht zu interpretieren weiß. Erwartungsgemäß begeisterter Applaus für eine überwiegend gefällige Nummernfolge.

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse

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