Donnerstag, 9. Juni 2005

Verdis "Macbeth" an der Oper Frankfurt

Sex und Big Business auf Frankfurts Opernbühne. Man könnte meinen, die Welt der Seifenopern und Werbeslogans sei wirklich so spannend, dass sie auch noch abends und freiwillig und für keineswegs günstiges Geld auf den nach bunten Bildern gierenden Zuschauer einprasseln müssen. „Macbeth“ ist eine Oper von Verdi. Auf den städtischen Bühnen der Mainmetropole ist sie ein gigantischer Medienzirkus voller Anleihen aus der wirklichen und der virtuellen Welt. Kein Zweifel: Regisseur Calixto Bieito hat keine Lust, sein Publikum zu verzaubern oder in fremde Sphären zu entführen. Vorhang auf, die Welt dreht sich weiter! „Wir bauen Ihre Zukunft, kein Zuhause“ flammt es dem Opernfan entgegen, überall Werbesprüche aus der Welt des schönen Scheins, die gerade eben doch noch im Nachmittagsfernsehen liefen. Irgendwie so. Ein wenig ironisch oder zynisch gebrochen, ja doch.

Die ehrgeizige Lady Macbeth mutiert zur Protagonistin einer Welt, in der die Karriereleiter zum Fetisch geraten ist. Hexen werden als Sekretärinnen über die Bühne verteilt, dazwischen wird gegrapscht und gesoffen was das Zeug hält. Von Bildschirmen grunzen mal Schweine, blöken mal Schafe. Einfacher Symbolismus aus dem Lehrbuch. Natürlich benehmen sich alle ganz grässlich und cool und überhaupt unglaublich realistisch. So, wie man es eben macht, wenn man nur sich, seine eigenen Bedürfnisse und Ziele vor Augen hat. Ob das nun Kritik an einer kalten Welt ist oder einfach nur die etwas beliebig zusammen gewürfelten Versatzstücke aus der etwas leer gewordenen Trick-Kiste von Calixto Bieito bleibt offen. Konsequent ist es jedenfalls genauso wenig wie originell. Eher schon arg peinlich.

Was bleibt, ist die Musik, die Generalmusikdirektor Paolo Carignani in seiner scheinbaren Verzweiflung schon fast museal wiedergeben lässt. Aber das ist nur der erste Eindruck und eine pure Kurzschluss-Reaktion des Gehirns auf das, was es zu sehen gibt. Auf jeden Fall gelingt es Carignani trotz aller Schwierigkeiten, Hör- und Sehsinn übereinander zu bringen, eine werkgetreue und dennoch quietschlebendige Interpretation aufzubieten.

Željko Lučić als Macbeth agiert mit großer stimmlicher Lust, Caroline Whisnants führt ihre Lady markant und selbstbewusst, Mathias Zachariassen ist als Macduff mit sinnlich geführtem Tenor zu erleben.

Veröffentlicht in NEWS Frankfurt


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